Yeneroğlu: “Mär vom Weihnachtsverbot zeigt, die Berichterstattung über die Türkei ist längst postfaktisch.“

Mit Blick auf die Berichterstattung über ein angeblich behördlich angeordnetes Verbot der Behandlung von Weihnachten im Unterricht sowie der Untersagung einer Weihnachtsfeier an einem Gymnasium in Istanbul verweist Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, auf den Einzug des „postfaktischen“ in die deutsche Medienwelt und wiederholt seine Sorge um den Stand der türkisch-deutschen Beziehungen. Yeneroğlu weiter:

„Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) hat vor wenigen Tagen „postfaktisch“ zum Wort des Jahres 2016 gewählt und damit das Augenmerk darauf gerichtet, dass es bei politischen und gesellschaftlichen Diskussionen zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten geht. Während aber die GfdS dieses Phänomen der „gefühlten Wahrheit“ auf stetig wachsende Bevölkerungsschichten fokussiert, zeigt allein die jüngste Berichterstattung über eine angebliche behördliche Unterbindung der Behandlung von Weihnachtsthemen im Unterricht sowie einer Weihnachtsfeier in einem Istanbuler Gymnasium, dass die deutsche Medienlandschaft vor allem in der Türkei-Berichterstattung längst von dieser „Lawine“ erfasst worden ist.

Ohne Hintergründe und Fakten in eigentlich für seriöse Medienbetriebe gewohnter Manier aufzuarbeiten, reicht es inzwischen wohl, dass man dem türkischen Gegenüber bestimmte Handlungsmuster grundsätzlich zutraut, um jede zugespielte noch so hanebüchen Halbinformationen zu veröffentlichen. Wie sonst ließen sich das totale Versagen der Journalisten und vor allem die übergreifende einhellige Meinung bei der kritischen Thematik erklären? So hätten schon simpelste Recherchemaßnahmen gereicht um festzustellen, dass es sich nicht um eine Deutschland unterstellte Schule handelt, sondern um ein Gymnasium unter Aufsicht des türkischen Bildungsministeriums und dass es nicht um eine Weihnachtsfeier in der Schule ging, sondern um den Auftritt eines Chores bei der Feier des deutschen Generalkonsulats.

Ohne den journalistischen Ehrgeiz der Korrespondenten zu wecken, bleibt doch vor allem rätselhaft, wie eine türkische Behörde etwas verbieten soll, was gar nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich und darüber hinaus in der Freizeit der Schüler stattfindet. Dass es auf dem Gymnasium gar keine deutschen oder überhaupt Schüler mit christlichen Glauben gibt, setzt der gesamten medialen Aufbereitung die Krone auf und offenbart ein journalistisches Verständnis, das noch nicht einmal mehr das Prädikat „ungenügend“ verdient. Und zur Reflektion: Man stelle sich mal die Empörungswelle vor, wenn in Bayern ein aus der Türkei entsandter Lehrer von einer rein christlichen Schülerschaft unterrichtsfremd erwarten würde, Ramadanlieder zu singen und islamisch/religiöse Themen nach der Vorstellung der Lehrer zu behandeln. Genau diese Beschwerden liegen der Schulleitung vor und diese hat daraufhin nichts anderes unternommen, als die deutsche Abteilung vor den Fragen der Schülerschaft um Sensibilität und Klärung zu bitten.

Dieser „postfaktische“ Mechanismus prägt neben der Berichterstattung aus der Türkei inzwischen auch den Umgang mit den in Deutschland lebenden türkeistämmigen Bürgern bzw. ihren Körperschaften und erzeugt einen nicht hinnehmbaren Rechtfertigungsdruck, der über den deutschen Horizont hinaus auch die Atmosphäre der türkisch-deutschen Beziehungen kontinuierlich verschlechtert. Es ist also längst an der Zeit wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren, um insbesondere auch ernst gemeinter Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der Türkei nicht jegliche Legitimation zu entziehen.“

„Berichte über Weihnachtsverbot in der Türkei entbehren jeglicher Grundlage!“

„Die Behauptung, türkische Behörden würden Weihnachten an der deutschen Auslandsschule verbieten, entbehrt jeglicher Grundlage. Ich wäre der erste, der seine Stimme gegen ein Verbot erheben würde,” erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich der Vorwürfe in den deutschen Medien. Yeneroğlu weiter:

„Ich kann die Aufregung über diese Meldung sehr wohl nachvollziehen und wäre der erste, der seine Stimme dagegen erhebt. Insofern habe ich mir sämtliche Informationen über den Vorgang geben lassen und kann nur bestätigen, es gibt weder ein Verbot der Behandlung von Weihnachten im Unterricht noch eine Unterbindung der Teilnahme des Schulchors am traditionellen Weihnachtskonzert im deutschen Generalkonsulat.

Entgegen der meisten Berichte in den Medien ist das Istanbul Lisesi schon mal keine Deutschland unterstellte Schule, sondern ein staatliches türkisches Gymnasium, an das Deutschland Lehrer entsendet. Insofern entscheidet das türkische Erziehungsministerium über den Unterrichtsinhalt. Der Respekt davor und vor allem die Sensibilität für den Erhalt der guten bilateralen Kooperation in Bildungsfragen würde gebieten, offenbar bewusst lancierte Informationen eingehend zu überprüfen. Es wäre keine große Anstrengung, festzustellen, dass entgegen der Meldung keine Anordnung offizieller Seite besteht. Es gibt kein Beleg, dass die behauptete Anordnung bestätigt. Im Gegenteil. Auch die Weihnachtsfeier wurde laut Schulleiter von der deutschen Leitung der Schule abgesagt.

Diejenigen, die solche Falschmeldungen der Presse zuspielen, erweisen der deutsch-türkischen Freundschaft leider einen Bärendienst. Das Istanbul Lisesi ist ein sehr erfolgreiches Beispiel der türkisch-deutschen Freundschaft. Seit über 100 Jahren dient sie der türkisch-deutschen Bildungstradition. Dies zu erhalten und stärken, ist eine gemeinsame Aufgabe.“

CDU-Beschluss gegen den Doppelpass ist Ausdruck einer zunehmend türkenfeindlichen Stimmung

„Der CDU-Beschluss zur Wiedereinführung der Optionspflicht ist kein Votum gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, sondern ein Ausdruck von Ablehnung gegenüber der türkeistämmigen Bevölkerung in Deutschland. Und das bereitet mir große Sorgen”, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich des CDU-Parteitages. Yeneroğlu weiter:

„Der CDU-Parteitagbeschluss zur Wiedereinführung der Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsgesetz hat mich überrascht. Vor allem, weil der Antrag ausgerechnet von der Jungen Union eingebracht wurde und nicht von den älteren Semestern in der Partei, denen man rechtskonservative Positionen eher nachsagt. Dies verdeutlicht vor allem, dass die Diskussionen um das Thema Doppelpass längst nicht abgeschlossen sind, sondern uns noch lange beschäftigen werden. Vor allem lässt dieser Kniefall vor der rechtspopulistischen Agenda der AfD für den bevorstehenden Wahlkampf nichts Gutes erahnen.

Was mich hingegen überhaupt nicht überrascht hat, ist die Tatsache, dass diese Diskussion fast ausschließlich auf dem Rücken der Türkeistämmigen geführt wird. Die Gegner der Optionsregelung diskutieren den Doppelpass bewusst in diesem Kontext, um von der allgemeinen antitürkischen Stimmung zu profitieren – mit Erfolg, wie man sieht. Würde man dieselbe Regelung im Kontext der Russlanddeutschen diskutieren, hätte der Antrag vermutlich keine Mehrheit gefunden.

Und da sind wir auch schon beim Hauptproblem: Die Stimmung in Deutschland gegenüber den rund drei Millionen Türkeistämmigen ist besorgniserregend. Bei der Abstimmung ging es nur augenscheinlich um die Wiedereinführung der Optionspflicht. Eine Gesetzesänderung ist auch im Hinblick auf die absehbaren Mehrheitsverhältnisse im Bundestag unwahrscheinlich. Das war auch den Delegierten auf dem Parteitag klar. Dennoch fand der Antrag eine Mehrheit, weil er im Kontext der Türken diskutiert wurde. Deswegen ist diese Diskussion keine Frage des Doppelpasses, sondern sie zeigt, wie groß die Ablehnung von Türkeistämmigen in Deutschland ist.

So und nicht anders wird diese Abstimmung bei den rund drei Millionen Türkeistämmigen wahrgenommen. Solche Empfindungen kommen integrationspolitisch einem Supergau gleich und sind äußerst kontraproduktiv. Wie groß muss die Ablehnung sein, dass man für einen in der Praxis sinnlosen Antrag zustimmt, nur, weil die Diskussion auf dem Rücken der Türkeistämmigen geführt wird. Das macht mir große Sorgen. Und diese Sorge sollten alle demokratischen Kräfte in Deutschland teilen.

Ich kann nur appellieren an die Bundeskanzlerin, sich von solchen Stimmungen nicht verleiten zu lassen. Sie ist aus Sicht der Türkeistämmigen in Deutschland ein angenehmes Korrektiv der sonst eher rechtskonservativen Unionslinie, die auch noch durch die CSU weiter nach rechts gezogen wird.

Unterm Strich ist diese Diskussion ohnehin nur eine Zeitfrage. In einer zunehmend globaler werden Welt ändern sich die Lebensräume und –umstände der Menschen zunehmend. Sie werden mobiler, entwickeln enge transnationale Bindungen und können zu mehreren Orten Heimatgefühle haben. Dieser Realität werden sich auch die Unionsparteien nicht entziehen können und werden früher oder später einlenken müssen.”

Pauschale Zurückweisung der PKK-Vorwürfe überrascht – Faktenlage eindeutig

“Es überrascht, dass die PKK-Vorwürfe in Deutschland Irritationen hervorrufen. Sämtliche Informationen stammen aus offiziellen Regierungsdokumenten der BRD”, erklärt Mustafa Yeneroğlu, Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich des Besuchs von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in der Türkei. Yeneroğlu weiter:

“Dass die PKK-Vorwürfe in Deutschland Irritationen hervorrufen, wird in der Türkei mit großer Verwunderung aufgenommen. Schließlich sind sämtliche Vorwürfe aus offiziellen Dokumenten der Bundesrepublik entnommen. In Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder ist explizit aufgeführt, dass Deutschland der PKK als Rückzugs-,1 Rekrutierungs-,2 und Finanzierungsraum3 dient. Informationen aus eigenen Berichten pauschal abzustreiten ist doch seltsam. Der Bundesverfassungsschutz selbst stellt explizit fest, dass Europa ‘für die PKK einen ‘sicheren Hafen”4 darstellt, entgegen dem Bestreiten des Bundesaußenministers.

Aber auch die tägliche freie Propaganda5 der PKK in Deutschland ist ein Nachweis dafür, dass die PKK in Deutschland zwar offiziell verboten ist, dies aber in der Praxis kaum Wirkungen hat. Folgeorganisationen,6 die de jure vom Verbotstatbestand umfasst sind, dürfen ungehindert agieren, demonstrieren, für die PKK werben7 – mehr als ein hundert Organisationen bundesweit.

Dass auch der Bundesverfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen die Vorwürfe zurückweist, ist bezeichnend für die Haltung im Umgang mit PKK-Organisationen. Das zeigt sich schon an den Fakten, die allesamt aus Bundestagsdrucksachen entnommen sind: Bei 4.400 anhängigen Ermittlungsverfahren (Stand 07.01.2015),8 wurden nur acht Strafverfahren gegen neun Personen geführt. Hierbei endeten nur fünf Strafverfahren gegen sechs Angeklagte mit Freiheitsstrafen (Stand 27.01.2016).9 Angesichts dieser Faktenlage zu behaupten, man würde die PKK ernsthaft bekämpfen, wo doch schon im Verfassungsschutzbericht 14.000 Mitglieder erwähnt sind, ist tatsächlich irritierend.

Aber auch die Medien in Deutschland kommen ihrem eigenen Anspruch, kritisch zu sein, nicht nach, sondern fabulieren pauschal von ‘unhaltbaren Beschuldigungen’ 10 (FAZ) oder belassen es dabei, dass Herr Steinmeier ‘seinen Gastgebern offen widersprochen’11 (SZ) habe. Wer nach einem Mindestmaß an journalistischer Sorgfalt sucht, sucht vergeblich. Auch das führt in der Türkei selbstverständlich zum Befremden und entsprechenden Reaktionen.

Überhaupt kommen die Vorwürfe bezüglich des Umgangs mit der PKK in Deutschland in den Medien allenfalls in belächelter Form zutage. Durch die einseitige mediale Darstellung bekommen die wenigsten Menschen in Deutschland mit, welches Leid die Türkei gegenwärtig durch den Terror erfährt. Die täglichen Terroropfer sowie das Leid der Hinterbliebenen werden in der Berichterstattung weitestgehend ausgeblendet. Und unsere Gäste aus Deutschland solidarisieren sich mit Politikern, die zwar nicht in der Lage sind, den Terror der PKK beim Namen zu nennen und diese zu verurteilen, aber sehr wohl regelmäßig anstelle der Opferfamilien die von Terroristen besuchen!

Dennoch: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier genießt in der Türkei zu Recht hohes Ansehen. Wenn er sagt, dass Deutschland und die Türkei mehr als eine Beziehung im Hier und Heute verbindet, ist ihm zuzustimmen. Das darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Vor allem sollte die deutsch-türkische Freundschaft mehr wiegen als der gegenwärtige Anschein es vermuten lässt.

In diesem Sinne muss die pauschale Zurückweisung der Vorwürfe kritisch hinterfragt und die Praxis deutscher Sicherheitsbehörden und Staatsanwaltschaften auf den Prüfstand gestellt werden. Politisch Verantwortliche aus Deutschland müssen sich ernsthaft fragen, welches Bild sie in der türkischen Öffentlichkeit vermitteln, wenn sie im Kampf gegen den Terrorismus der Türkei nur verbal zur Seite stehen. Es täte sicherlich gut, wenn sie zur Abwechslung auch mal Opferfamilien besuchen und deren Leid erfahren. Auch sollten sie ihre Haltung bitte mal vor dem Hintergrund reflektieren, dass nicht die Türkei sondern Deutschland von alldem betroffen wäre.”

1- Verfassungsschutzbericht Berlin 2015, s. 78: „Deutschland stellt für die PKK einen Rückzugs- und Rekrutierungsraum dar…“
2- Bundesverfassungsschutzbericht 2014, s. 125: „Rekrutierung für die Guerilla: Sowohl durch den Medienapparat der PKK (Zeitschriften, Fernsehsender etc.)
als auch im Internet wurden Jugendliche offen und gezielt für eine Teilnahme am bewaffneten Kampf geworben.“; Verfassungsschutzbericht des Landes
Baden-Württemberg 2015, s. 113: „Selbst während des Friedensprozesses in der Türkei bis zum Sommer 2015 hatte sich die PKK noch darum bemüht, Jugendliche
für den Einsatz bei ihrem militärischen Arm (HPG) zu gewinnen.“
3- Sonderpublikation Bundesamt für Verfassungsschutz, Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), 2014, s. 6, 38 ff; Bundesverfassungsschutzbericht 2015, s. 218
4- Bundesamt für Verfassungsschutz, Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), 2014, s. 38
5- Bundesverfassungsschutzbericht 2015, s. 216 ff.
6- Ausführlich in allen Verfassungsschutzberichten zur PKK, siehe auch Verfassungsschutzbericht Bayern, s. 78 ff.; Verfassungsschutzbericht
des Landes Nordrhein-Westfalen 2015, s. 147; Verfassungsschutzbericht des Landes Baden-Württemberg 2015, s. 107
7- Bundesverfassungsschutzbericht 2015, s. 218: „Darüber hinaus bedient sich die Partei der überwiegend örtlichen kurdischen Vereine, die von der PKK-Anhängerschaft
als Anlaufstellen und Treffpunkte genutzt werden. Als Dachverband der Vereine fungiert das „Demokratische Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland e.V.“ (NAV-DEM)“
8- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode, Drucksache 18/3702, s. 3 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/037/1803702.pdf)
9- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode, Drucksache 18/7372, s. 3 (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/073/1807372.pdf)
10- FAZ, 16.11.2016, s. 10
11- SZ, 16.11.2016, s. 4

Steinmeier-Besuch: Solidarität aus Deutschland im Kampf gegen den Terror vermissen wir

„Die türkische Öffentlichkeit misst die Aufrichtigkeit der permanenten Kritik gegenüber der Türkei an der gezeigten Solidarität im Kampf gegen den Terror,“ erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich des Besuchs von Bundesaußenminister Steinmeier in Ankara. Yeneroğlu weiter:

„Bundesaußenminister Steinmeier ist in der Türkei jederzeit willkommen, so auch sein Besuch morgen in Ankara, findet er doch in einer Zeit statt, wo die türkisch-europäischen Beziehungen im Allgemeinen und die türkisch-deutschen Beziehungen im Besonderen einer noch nie da gewesenen Belastungsprobe ausgesetzt sind. Mehr als jedes andere europäische Land ist die Türkei im Fadenkreuz terroristischer Organisationen und bekämpft diese um die Sicherheit seiner Bürger und die öffentliche Ordnung zu gewährleisten. Die Dauerkritik aus Europa an der Terrorbekämpfung verhallt, da sie einseitig ist und die türkische Öffentlichkeit Solidarität mit einem Land vermisst, dass nicht zuletzt beim blutigen Putschversuch vom 15.Juli seinen festen Willen zum Ausdruck gebracht hat, sich den Feinden der Demokratie nicht zu ergeben.

Maßnahmen gegen Putschisten und Terrororganisationen werden pauschal als Aushöhlung des Rechtsstaates dargestellt. Und entgegen dem öffentlich bekundeten Schulterschluss im Kampf gegen den Terrorismus gewähren unsere Partner in europäischen Staaten Putschisten und Terroristen weitreichende Freiräume für ihre Propaganda. Auch wenn Herr Steinmeier dies zurückweist, reicht doch ein Blick in die Veröffentlichungen von Bundesbehörden, die eindrucksvoll darlegen, dass aus Deutschland jährlich hohe Millionenbeträge für die PKK nach Deutschland fließen, eine dreistellige Anzahl von Personen für den Terror der PKK rekrutiert wird und unverhohlen tagtäglich auf Marktplätzen und sogar vor dem Bundestag Propaganda betrieben werden kann. Wenn darüber hinaus Zivilorganisationen von türkischstämmigen Mitbürgern regelmäßig angegriffen werden, ohne dass es zu einem öffentlichen Aufschrei führt sowie zuletzt noch am Wochenende offiziell anerkannte Religionsgemeinschaften für Terrororganisationen demonstrieren und verbotene Symbole tragen können, ohne dass die Polizei einschreitet und die Politik sich äußert, dann verkümmern Ansprachen über Menschenrechtsideale nur noch zu inhaltsleeren Worthülsen.

Wir wünschen keinem unserer europäischen Partner die vielschichtigen Bedrohungen, denen die Türkei gegenwärtig ausgesetzt ist. Von gescheiterten Staaten umgeben, permanent der Bedrohung durch Terrororganisationen auch aus diesen Staaten ausgesetzt, beklagt die Türkei fast täglich Terroropfer. Sie war dem schwersten Angriff auf die Demokratie seit Republikgründung ausgesetzt und beherbergt Millionen von Flüchtlingen im Land. Auch Bundesaußenminister Steinmeier wird bei einer aufrichtigen Bewertung dieser Umstände zugestehen, dass die Türkei sowohl im Nahen umfassenden Osten als auch im Land selbst auch die Sicherheit Europas gewährleistet und hoffentlich erkennen, dass umgekehrt die türkische Sicherheit in der Mitte Europas beginnt.”

NSU-Aufarbeitung wird das Bild Deutschlands prägen

„Deutschland muss viel größere Anstrengungen zur Aufarbeitung der NSU-Morde unternehmen und das Versprechen nach lückenloser Aufklärung einlösen“, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich des fünften Jahrestages der Selbstenttarnung des NSU. Yeneroğlu weiter:

„Deutschland schuldet fünf Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU immer noch die von der Bundeskanzlerin versprochene ‚lückenlose Aufklärung‘. Stattdessen wurde eine endlose Aneinanderreihung von vermeintlichen Fehlern und Pannen serviert. Immer dann, wenn man dachte, es kann nicht mehr schlimmer kommen, wurde sogar die kühnste Fantasie übertroffen: mehrere plötzliche und dubiose Todesfälle von NSU-Zeugen, vorsätzliche Aktenvernichtungen in den Sicherheitsbehörden, unglaubliche Erinnerungslücken von Staatsbediensteten vor Untersuchungsausschüssen, Aktenzurückhaltungen sowie zuletzt neue NSU-Spuren, die zum Mord der kleinen Peggy führen.

Eine Konstante beim NSU-Komplex war und ist, dass in allen Mordfällen stets Bürger mit ausländischen Wurzeln im Visier der Ermittler waren. Im Fall der kleinen Peggy saß der türkeistämmige Ulvi K. sogar 14 Jahre unschuldig im Gefängnis. Ermittlungen in die rechtsextremistische Szene blieben sowohl nach den Morden als auch nach den Bombenanschlägen weitestgehend aus. Bemerkenswert ist, dass kritische Journalisten bisher mehr aufgedeckt haben als die Sicherheitsbehörden selbst.

Auch der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München enttäuscht nach bisherigem Verlauf maßlos. Richter und der Generalbundesanwalt sind offenbar nur darauf aus, Schadensbegrenzung zu betreiben, indem sie den möglichen Täterkreis klein halten. Dabei gibt es inzwischen zahlreiche Spuren und Indizien, die darauf hindeuten, dass der NSU weit mehr ist als nur ein Kernteam von nur drei Personen.

Der bisher mehr als enttäuschende Ermittlungsverlauf unterstreicht stärker denn je die Verpflichtung, den NSU-Komplex lückenlos aufzuarbeiten sowie die daraus resultierenden Konsequenzen zu ziehen. Nach wie vor wartet das Handlungskatalog des Untersuchungsausschusses des Bundestages auf seine Umsetzung. Was bisher getan wurde, wird dieser Sache bei Weitem nicht gerecht. Vor dem Hintergrund der wachsenden Zahl an islam- und ausländerfeindlich motivierten Straftaten gibt das ein besonders schlechtes Bild ab.

Die Türkei und die türkische Öffentlichkeit beobachten den bisherigen Ermittlungsverlauf mit großem Interesse und haben allen Grund, besorgt und enttäuscht zu sein. Der Ausgang dieser Ermittlungen wird das Bild von Deutschland über viele Jahre prägen – auch im Hinblick auf die oft tatsachenfremden Belehrungen in Richtung Türkei im Kontext von Menschenrechtsidealen.“

Sicherheitsbehörden und Öffentlichkeit ignorieren Terror gegen türkische NGO‘s

„Der PKK-Terror ist längst angekommen in Deutschland und wütet weitestgehend ungehindert. Sicherheitsbehörden und die Öffentlichkeit ignorieren den Terror gegen NGO’s von Türkeistämmigen“, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich eines Anschlags auf eine Niederlassung der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) am 25.10.2016 in Gelsenkirchen. Die Täter besprühten die Fassade mit der Aufschrift „DEV-Genç“ sowie weiteren Slogans. Die Organisation steht der Terrororganisation PKK nahe. Yeneroğlu weiter:

„Dienstagnacht schlug die PKK nahe ‚DEV-Genç‘ in Gelsenkirchen ein weiteres Mal zu. Unbekannte besprühten die Gebäudefassade mit terroristischen Slogans und sowie ‚DEV-Genç‘. Außerdem hinterließen sie einen Drohbrief gerichtet an die Vorstandsmitglieder der UETD-Niederlassung.

Das ist bereits der achte Anschlag auf eine UTED Einrichtung in Deutschland und der zweite in Gelsenkirchen im laufenden Jahr. Die Täter wollen mit diesen Anschlägen die Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisation torpedieren, die Mitglieder durch Drohungen einschüchtern und sie von ihrem Engagement zurückhalten.

Erstaunlich ist, dass die Täter ihre Tat auch unverhohlen in ihren Internetpräsenzen offen zugeben. Offenbar scheuen sie sich nicht vor einem öffentlichen Bekenntnis. Das verwundert aber auch nicht. Das Desinteresse der Sicherheitsbehörden an der Verfolgung von Verbrechen, die von der PKK oder von ihren Splittergruppen begangen werden, ist unübersehbar. Das ist eines demokratischen Rechtsstaates unwürdig und ein gefährliches Unterfangen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, eine deutliche Kurskorrektur vorzunehmen und ihre PKK-Politik auf den Prüfstand zu stellen.

Deutschland muss allen Menschen auf seinem Hoheitsgebiet gleichermaßen Schutz bieten gegen Terroranschläge – unabhängig davon, von wem sie verübt werden und gegen wen sie sich richten. Die Sicherheitsbehörden sind in allen Fällen aufgefordert, alles zu unternehmen, damit die Täter gefangen und ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Die Nichtverfolgung verkehrt die Abschreckungswirkung des Strafrechts ins Gegenteil mit verheerenden Folgen für die innere Sicherheit.“

Der separaten Erfassung von islamfeindlichen Straftaten müssen weitere Maßnahmen folgen

„Die gesonderte Erfassung von islamfeindlichen Straftaten ist erfreulich. Jetzt müssen weitere Schritte zur wirksamen Bekämpfung von Islamfeindlichkeit folgen“, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich der Ankündigung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, ab 2017 den Straftatenkatalog der politisch motivierten Kriminalität zu erweitern. Yeneroğlu weiter:

„Die jahrelange Überzeugungsarbeit islamischer Religionsgemeinschaften hat sich ausgezahlt. Die Ankündigung von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, politisch motivierte Straftaten gegenüber Muslimen und ihren Einrichtungen gesondert zu erfassen, ist sehr erfreulich. Allerdings kann das nur der erste Schritt zu einer längst überfälligen wirksamen Bekämpfung von Islamfeindlichkeit sein.

Ausgehend von der Tatsache, dass die Aufklärungsquote bei islamfeindlichen Straftaten derzeit nahe bei Null liegt, bedarf es eines Bündels an weiteren Maßnahmen. Allen voran müssen institutionelle Mängel bei der Bekämpfung von Islamfeindlichkeit beseitigt werden. Hier sind Fortbildungen und interkulturelle Sensibilisierung von Bediensteten in Justiz- und Sicherheitsbehörden dringend notwendig. Diese Maßnahmen müssen darüber hinaus durch Schaffung von speziellen Beschwerdestellen flankiert werden.

Irritierend in diesem Zusammenhang ist die Vermengung der Erfassung islamfeindlicher Straftaten mit der Thematik Terrorismus. Bundesinnenminister de Maizière begrüße es demnach sehr, dass sich die muslimischen Verbände vom Terror distanziert haben. Eine explizit betonte Selbstverständlichkeit erscheint wie das Ergebnis des bestehenden Dialogs mit den islamischen Religionsgemeinschaften und suggeriert einmal mehr eine Nähe zum internationalen Terror. Dieser Ansatz verprellt nicht nur die muslimischen Dialogpartner, sondern ist Wasser auf die Mühlen von AfD, Pegida und Co. Gerade vom Bundesinnenminister darf man erwarten, dass er seine Worte so wählt, dass Minderheiten nicht unter Generalverdacht gestellt werden.“

Nach OLG-Urteil müssen PKK-Aktivitäten konsequent verfolgt werden

„Die PKK ist laut OLG Stuttgart eine ‚besonders gefährliche terroristische Organisation‘. Aus diesem Urteilsspruch folgt für die Sicherheitsbehörden und Staatsanwaltschaften in Deutschland eine klare Anweisung: PKK-Aktivitäten müssen konsequent geahndet und verfolgt werden und die Politik darf die terroristische Organisation nicht verharmlosen“, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich des Urteils des Oberlandesgerichts Stuttgart gegen einen PKK-Mitglied. Der 48-Jährige wurde zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Yeneroğlu weiter:

„Mit großer Sorge und Verwunderung beobachten wir seit vielen Jahren, wie frei PKK-Sympathisanten und Mitglieder in Deutschland quasi auf offener Straße Werbung für die Terrororganisation machen dürfen. Obwohl die PKK verboten ist und auf der Terrorliste steht, dürfen sie weitestgehend ungehindert Deutschland als Rekrutierungs-, Finanzierungs- und Rückzugsgebiet nutzen. Eine Einschätzung, die im Übrigen auch der Verfassungsschutz teilt. Umso erfreuter sind wir über dieses Urteil.

Zu Recht stellen die Richter fest, dass die PKK neben einem politischen Arm zur Durchsetzung ihrer Ziele auch über militärisch strukturierte ‘Guerillaeinheiten’ verfügt. Laut Strafsenat verübt die PKK ‚vor allem im Südosten der Türkei Anschläge vorwiegend auf türkische Polizisten und Soldaten‘, bei denen ‚immer wieder auch Zivilisten zu Schaden kommen‘. Zweck und Tätigkeit der PKK ist dem OLG zufolge u. a. darauf gerichtet, ‚durch Anschläge Mord und Totschlag in der Türkei zu begehen‘. Das Gericht stuft die PKK als eine ‚besonders gefährliche terroristische Vereinigung‘ ein.

Die Ausführungen des Gerichts bleiben im Detail zwar weit hinter den Gräueltaten und Methoden der PKK zurück, dennoch ist es erfreulich, dass das Gericht den Charakter dieser Organisation, zumindest in Grundzügen, erkannt hat. Diese Würdigung muss sich auswirken auf die Praxis der Sicherheitsbehörden und Staatsanwaltschaften. Jegliche Aktivitäten der PKK müssen konsequent geahndet und verfolgt werden.“

Verfahrenseinstellung gegen Böhmermann ist Armutszeugnis für deutsche Justiz und schadet dem Ansehen Deutschlands

„Mit großer Verwunderung haben wir über die Einstellung des Strafverfahrens gegen Böhmermann erfahren – aus der Presse. Wie es scheint, hat die UN-Rüge des Antirassismusausschusses gegenüber BRD keinerlei Wirkung entfaltet und die Staatsanwaltschaft Mainz schert sich auch entgegen juristischer Offensichtlichkeit nicht mal um das Ansehen Deutschlands,“ erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich der Einstellung des Strafverfahrens gegen Jan Böhmermann wegen seines beleidigenden Schmähgedichts, in dem er den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan beleidigt und dabei rassistische Vorurteile bedient. Yeneroğlu weiter:

„Die Einstellung des Verfahrens ist ein Skandal, die Begründung umso mehr. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Mainz ist ein Armutszeugnis für die deutsche Justiz. Dass eine derart offensichtliche Verletzung eines Straftatbestandes mit juristischen Taschenspielertricks und bester haarspalterischer Manier nicht weiterverfolgt wird, hätte ich als in Deutschland ausgebildeter Jurist nicht für möglich gehalten.

Offenbar hat sich die Staatsanwaltschaft mitreißen lassen von der allgemeinen Stimmung gegen den türkischen Präsidenten und dabei jegliches Gespür für die juristische Rechtsanwendung verloren. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Entscheidung einer Beschwerde nicht standhält. Schon die Verkündung ist ein Skandal. Der Rechtsanwalt des Präsidenten bekommt erst gestern um 14.45 Uhr eine Mitteilung von der Staatsanwaltschaft. Doch schon vorher ist er von Journalisten darauf angesprochen worden und auch Böhmermann habe bereits Journalisten für eine Pressekonferenz am nächsten Morgen eingeladen. Viele Journalisten und Böhmermann selbst wussten also vorher Bescheid. Entsprechend des bisherigen Verfahrensverlaufs geht es offenbar darum, die Sache weiterhin zu verzögern, um am 28. Oktober die Verjährung der Öffentlichkeit mitzuteilen.

Niemand zweifelt ernsthaft daran, dass die Auswüchse des Herrn Böhmermann eine Beleidigung extremer Art darstellen, nur die Staatsanwaltschaft Mainz sieht das anders mit einem abstrusen Argumentationsstrang: je schlimmer die Beleidigung ist, desto eher sei sie nicht ernst gemeint und damit straffrei. Jedenfalls stände die sachliche Auseinandersetzung im Vordergrund und nicht die persönliche Diffamierung.

Vollkommen übersehen wird ein weiteres Problem, das in Teilen des Justizapparates offenbar tiefer verankert zu sein scheint als bisher angenommen. Die Rüge des Antirassismusausschusses der Vereinten Nationen gegenüber Deutschland vor drei Jahren ist noch in bester Erinnerung. Der Ausschuss hatte die Nichtverfolgung von Thilo Sarrazin gerügt, obwohl dessen Auslassungen klar rassistisch gewesen waren. Der Bundesrepublik wurde auferlegt, seine Staatsanwälte dahingehend zu schulen und zu sensibilisieren, dass sie Delikte mit rassistischem Kontext erkennen und verfolgen.

Offenbar scheint sich seit dieser Rüge überhaupt nichts getan zu haben, wie man an der Begründung der Staatsanwaltschaft sehen kann. Sie hat nicht unwesentliche Aspekte des Gedichts komplett ausgeblendet. Böhmermann hat in seinem Schmähgedicht nicht nur den türkischen Präsidenten auf das Übelste beleidigt, sondern auch Stereotypen über den ‚primitiven Orientalen‘ sowie unterschwellig existente Ressentiments bedient. Darüber verliert die Staatsanwaltschaft kein einziges Wort.“