Fremden- und Islamfeindlischkeit bedrohen Europa

“Der Mörder von Marwa El-Sherbini wurde verurteilt, die institutionellen Verfehlungen jedoch wurden bis heute nicht aufgearbeitet. Das ist gefährlich und stärkt rechtsextreme Kräfte”, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich des Jahrestages der Ermordung von Marwa El-Sherbini. Die schwangere Mutter wurde am 1. Juli 2009 im Dresdener Landgericht vor den Augen ihres Kindes und Ehemannes mit 18 Messerstichen ermordet.

“Die Ermordung von Marwa El-Sherbini vor sieben Jahren und der öffentliche, politische und mediale Umgang damit haben eindrucksvoll demonstriert, wie mit Islamfeindlichkeit in Deutschland umgegangen wird. Eine Frau, Akademikerin und erfolgreiche Sportlerin, wehrte sich gegen islamfeindliche Beschimpfungen vorbildlich vor Gericht und wurde während des Gerichtsverfahrens vor Richtern und Staatsanwaltschaft brutal ermordet. Der herbeieilende Sicherheitsmann schoss nicht auf den Angreifer, sondern auf den Ehemann der Frau.

Der Mörder wurde in einem kurzen Prozess verurteilt. Seine gesamte Lebensgeschichte wurde durchleuchtet, inklusive etwaiger psychischer Störungen. Bis heute gilt er als Einzeltäter, der sich selbst radikalisiert haben soll.

Wie ein mit Islamfeindlichkeit beschuldigter Verdächtiger ungehindert ein Messer in ein Gerichtssaal bringen konnte, warum er Zeit für 18 Messerstiche hatte, ohne dass ein Sicherheitspersonal zu Hilfe kam und warum dieser, als er endlich da war, nicht auf den blonden Täter, sondern auf den zur Hilfe herbeieilenden dunkelhaarigen Ehemann von Marwa El-Sherbini geschossen hat, sind bis heute nicht geklärt. Ungeklärt ist auch, warum es mehrere Tage gedauert hat, bis die Medien über diesen Fall berichtet haben. Ein Hinterfragen oder eine breite öffentliche Diskussion fand – beispielsweise im Gegensatz zur Nicht-Berichterstattung nach der Kölner Silvesternacht – nicht statt. Sieben Jahre wären genug Zeit gewesen, Antworten auf die offenen Fragen zu finden.

Mit großer Sorge beobachten wir, wie Fremden- und Islamfeindlichkeit in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern stetig wachsen. Parallel dazu breiten sich rechtsextreme Einstellungen zunehmend aus. Der Brexit ist ein Warnsignal dafür, dass rechtspopulistische Meinungen längst keine Randerscheinungen mehr sind, sondern eine Mehrheit erreichen können. Es ist höchste Zeit, diesen gefährlichen Trend zu stoppen.”

Strafanzeige gegen Präsident Erdoğan ist initiiert von PKK-Lobbyisten und unterstützt von Abgeordneten der Linkspartei

“Initiator der Strafanzeige gegen den türkischen Präsidenten ist ein PKK-Lobbyverein, der mit PKK-Organisationen kooperiert und eine Legalisierung der PKK fordert. Es überrascht sehr, dass auch seriöse Medien bei dieser Propaganda-Aktion mitmachen”, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich einer Strafanzeige u.a. gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und weitere türkische Politiker wegen vermeintlicher Verbrechen im Südosten der Türkei.

“Initiator der Strafanzeige gegen den türkischen Präsidenten und weitere türkische Politiker ist ein Verein Namens MAF-DAD. So demokratisch und rechtstreu sich dieser Verein offiziell auch gibt, macht sie in Deutschland und im europäischen Ausland Lobbyarbeit für die verbotene Terrororganisation PKK. So fordert die MAF-DAD beispielsweise die Streichung der PKK von der EU-Terrorliste oder kooperiert mit PKK-Dachverbänden wie dem NAV-DEM (ehemals YEK-KOM).”

Über die NAV-DEM (bzw. YEK-KOM) heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Bundes: “Für die Umsetzung von Vorgaben bedient sich die PKK überwiegend örtlicher kurdischer Vereine, die in einem Dachverband zusammengefasst sind und den Anhängern der Organisation als Treffpunkte und Anlaufstellen dienen. Vor dem Hintergrund der Neustrukturierung der PKK in Europa benannten sich im Verlauf des Jahres 2014 auch die PKK-nahen Vereine in Deutschland um. Den Anfang machte der Dachverband ‘Föderation Kurdischer Vereine in Deutschland e.V.’ (YEK-KOM), der seit Juni 2014 unter dem Namen ‘Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland“ (NAV-DEM) auftritt…”

Yeneroğlu weiter: “MAF-DAD hatte bereits im November 2011 erfolglos eine ähnliche Strafanzeige gestellt. Offenbar nutzt der Verein die Gunst der Stunde und möchte von der allgemeinen antitürkischen Stimmung fokussiert auf den türkischen Präsidenten profitieren und Reden von sich machen. Es überrascht nur, dass seriöse Medien dieses leicht durchschaubare Spiel mitspielen und dieser dubiosen Organisation ein Podium bieten.

Ebenso überrascht, dass mehr oder weniger bekannte Persönlichkeiten und Organisationen ihren Namen für eine derartige Schmutzkampagne hergeben. Offenbar lassen sie sich blenden von der Gemeinnützigkeit dieses Vereins, das wiederum ein Skandal für sich ist. Die Bundesregierung ist unverzüglich aufgefordert, die finanzielle Unterstützung von PKK nahen Organisationen einzustellen und diese Vereine nicht weiter über die Gemeinnützigkeit zu legitimieren. Auch zeigt nicht zuletzt dieser Fall die praktische Bedeutung des PKK-Verbots in Deutschland. Kaum überrascht hingegen, dass Bundestagsabgeordnete der Linkspartei bei so einer Schmutzkampagne mitmachen, da sie die PKK schon seit Jahren aktiv unterstützen und damit sich selbst nach § 129 a Abs. 5 StGB strafbar machen. Dass unter den Mandanten ein Abgeordneter der HDP ist, der sich demnächst vor Gericht gegen den Vorwurf, der PKK als Waffenkurier gedient zu haben, wehren muss, macht dieser Runde offenbar nichts aus, komplettiert sogar das Bild.”

Wer Türkeistämmige mundtot machen will, gefährdet die demokratische Streitkultur

“Bestrebungen, Türkeistämmige in Deutschland durch politische, juristische und geheimdienstliche Druckmittel mundtot zu machen, müssen unverzüglich eingestellt werden”, fordert Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich aktueller Äußerungen von Seiten des Verfassungsschutzes sowie einzelner Politiker.

Das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg zeigt sich Medienberichten zufolge besorgt, dass als Folge der Armenien-Resolution “radikale Kräfte der türkischen Gemeinschaft” aktiv werden könnten. Der Geheimdienst stelle zunehmend propagandistische Aktivitäten fest. Als Beleg dient eine Stellungnahme, der sogenannten “Grauen Wölfe”, in der die Gruppierung ihren Unmut über die Armenier-Resolution zum Ausdruck bringt und mitteilt, dass sie sich hintergangen und verletzt fühlt.

“Kurioser könnte die Einschätzung des ‘Verfassungsschutzes’ wohl kaum sein. Wenn eine Gruppe von Menschen eine gemeinsame Erklärung abgibt, in der sie schriftlich formulieren, was sie von einer politischen Abstimmung im Bundestag halten, ist das nichts anderes als vorbildlich im Sinne der demokratischen Streitkultur. In der Stellungnahme ist keine Silbe enthalten, die auf eine Radikalisierung oder Gewaltanwendung hindeuten könnte. Durch das Schwingen der geheimdienstlichen Keule sollen unangenehme Meinungen offenbar mundtot gemacht werden. Das entspricht nicht unserem Demokratieverständnis und im Übrigen auch nicht dem gesetzlichen Auftrag, dem der Verfassungsschutz unterworfen ist,“ erklärt Mustafa Yeneroğlu.

In diese Kategorie lässt sich laut Yeneroğlu auch die Drohung des Staatssekretärs im Bundesinnenministerium, Günter Krings (CDU), einorden. Er hatte in Deutschland lebenden Türkeistämmigen mit aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen gedroht, sollten sie sich “dieser Hetze Erdogans” anschließen. Für Yeneroğlu sind solche Äußerungen ein Tabubruch: “Wenn Medien hinzudichten und überspitzen, kann man das hinnehmen, wenn aber ein Staatssekretär dem türkischen Präsidenten Hetze vorwirft und im selben Atemzug Türkeistämmigen in Deutschland mit juristischen Konsequenzen droht, geht das eindeutig zu weit. Das Bundesinnenministerium ist gut beraten, sich auf die Erfüllung seiner Kernaufgaben zu konzentrieren, und nicht noch mit populistischen Äußerungen Öl ins Feuer zu gießen.”

Der systematisch gesteigerte öffentliche Druck gegen die türkeistämmige Zivilgesellschaft und vor allem gegen Religionsgemeinschaften mit mehrheitlich türkeistämmigen Mitgliedern ist vermutlich von demselben Geist getragen. “Offenbar sollen Türkeistämmige in Deutschland keine eigene Meinung als das gegenwärtige politische Dogma haben dürfen. Durch den politischen, juristischen bzw. geheimdienstlichen Druck sollen sie offenbar in die gewünschte Bahn gelenkt werden. Das ist keine Streitkultur, wie es einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft gebührt”, so Mustafa Yeneroğlu.

Angesichts der real-existierenden Bedrohungen, die von rechtsradikalen Parteien und ihren Scharfmachern ausgehen und dem wachsenden Rassimus in Deutschland, sei man mehr denn je auf Begegnungen auf Augenhöhe und den couragierten Austausch von mitunter auch unterschiedlichen Meinungen angewiesen. “Dabei dürfen wir uns weder von tatsächlichen gesellschaftspolitischen Herausforderungen ablenken lassen, noch sonstigen destruktiven Kräften das Feld überlassen,” so Yeneroglu abschließend.

Institutioneller Rassismus muss ganz oben auf die Agenda

“Deutschland muss wirksame und nachhaltige Maßnahmen ergreifen gegen institutionellen Rassismus. Minderheiten werden benachteiligt und können ihre Rechte nicht wahrnehmen. Dieses Problem muss zu den dringlichsten Aufgaben gehören”, so Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei, anlässlich der aktuellen Studie von Amnesty International mit dem Titel: “Leben in Unsicherheit. Wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt”. Mustafa Yeneroğlu weiter:

“Die von Amnesty International vorgelegte Studie belegt, was für viele Menschen in Deutschland trauriger Alltag ist. Täglich werden Minderheiten tätlich angegriffen, weil sie einer anderen Religion angehörden oder nichtdeutscher Herkunft sind. Und die Polizei ist den Opfern oft keine Hilfe, sondern immer wieder auch eine weitere Gefahrenquelle.

Obwohl dieser Zustand inzwischen mehrfacht durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt wurde, tut sich sehr wenig. Selbst nach dem Super-Gau im Kontext der NSU-Morde wurden kaum Reformen durchgeführt, die geeignet wären, das Problem in den Griff zu bekommen. Bis heute glänzen deutsche Sicherheitsbehörden eher mit Aktenvernichtungen, im Zurückhalten solcher und vor allem mit Erinnerungslücken im Aufarbeitungsprozess.

Und dennoch hat keine politische Partei, keine Regierung sich bis heute dazu durchdringen können, dieses ganz aktuelle Thema ganz oben auf ihre Prioritätsliste zu setzen. Das verwundert auch im Hinblick auf die sonst gerne zelebrierte moralische Überlegenheit, die Deutschland auf internationaler Bühne an den Tag legt, wenn es um Menschen- und Minderheitenrechte geht. Offenbar gilt das nicht vor der eigenen Haustür.

Deutschland ist gut beraten, diese Hausaufgaben nicht auf die lange Bank zu schieben. Sonst läuft sie Gefahr, dass rechte Umtriebe und Parteien weiter Zulauf bekommen. Die Empfehlungen von Amnesty International bieten eine erste Orientierungshilfe, was zu tun ist. Die meisten Punkte im Empfehlungskatalog des NSU-Untersuchungsausschusses warten ebenfalls noch auf ihre Umsetzung. Ähnlich ist die Situation bei instutionellen Rechten für muslimische Religionsgemeinschaften.”