“Eine unglaubliche Medienkampagne” [Deutschlandfunk]

Der AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroglu beklagt eine “unglaubliche Arroganz”, die in Deutschland die öffentliche Diskussion über die Türkei und das geplante Verfassungsreferendum beherrsche “fernab von jeglicher Wahrheit”. Eine solche Situation habe er hier zuvor noch nicht erlebt, sagte Yeneroglu im DLF.

Dirk-Oliver Heckmann: Seit Tagen wird in Deutschland darüber debattiert, ob man Präsident Erdogan und Mitgliedern der türkischen Regierung einen Auftritt in Deutschland erlauben sollte oder nicht. Herr Yeneroglu, wie würde denn Erdogan reagieren, wenn ihm die Einreise verweigert würde?

Yeneroglu: Zunächst einmal steht gar nicht im Raum, ob Herr Erdogan im Rahmen des Referendums überhaupt nach Deutschland kommt oder nicht. Es gibt hier eine Diskussion in Deutschland, die fernab von jeglicher Realität, die fernab von jeglicher Wahrheit in Bezug auf das Referendum ist. Ich habe eine solche Situation in Deutschland noch nie erlebt. Ich kann nur konstatieren, dass man nur auf Grundlage von tatsächlichen Gegebenheiten, von Wahrheiten diskutieren kann, wenn man sachlich bleiben möchte. Ansonsten haben wir im Moment eine unglaubliche Medienkampagne, die mit allen möglichen Unwahrheiten und so weiter transportiert wird, dass man dazu eigentlich gar nicht mal mehr Stellung zu nehmen braucht.

“Man meint, auf jede Geschichte in der Türkei Einfluss nehmen zu dürfen”

Heckmann: Aber was ist denn unsachlich, wenn ein Politiker sagt: Wenn hier in Deutschland ein anderer Politiker eines anderen Landes auftreten möchte und eine Rede halten möchte, Wahlkampf machen möchte, dann geht das nur, wenn er zu Hause auch Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Meinungsfreiheit hochhält?

Yeneroglu: Das tut er auch. Es ist eine unglaubliche Arroganz, die hier überhaupt die öffentliche Diskussion beherrscht, dass man meint, quasi auf jede einzelne Geschichte in der Türkei einen Einfluss nehmen zu dürfen, den man sich zum Beispiel gegenwärtig in Ägypten überhaupt nicht erlaubt. Die Kanzlerin befindet sich gerade in Ägypten, wo tagtäglich gefoltert wird, wo tausende von Menschen in Gefängnissen sind, wo hunderte von Journalisten quasi überhaupt nicht berichten dürfen. Und wenn wir über die Türkei berichten: Sie sprechen zum Beispiel von Alleinherrschaft …

Heckmann: In der Türkei sitzen hunderte Journalisten in Haft.

Yeneroglu: Sie sprechen zum Beispiel von Alleinherrschaft. Zum einen steht überhaupt gar nicht im Raum, ob Herr Erdogan diese Befugnisse, wenn das Volk dem zustimmt, bekommt, sondern es wird zunächst einmal über Befugnisse für den Präsidenten nach November 2019, der dann gewählt wird, entschieden und nicht jetzt schon. Und überhaupt, was Inhalte des Vorschlags der AK-Partei sind: Wir diskutieren über Dinge, die es so gar nicht gibt.

“In Deutschland dürfen PKK-Ersatzorganisationen wüten”

Heckmann: Von Alleinherrschaft habe ich nicht gesprochen gerade eben. Aber selbst der deutsche Bundespräsident Gauck, der hat ja gesagt, er habe Zweifel, ob die Türkei ein Rechtsstaat bleiben wolle, und Außenminister Gabriel, der sagte, der Fall Yücel, um darauf zurückzukommen, der sei die stärkste Belastungsprobe in der Geschichte zwischen der EU und der Türkei. Sehen Sie das eigentlich auch so?

Yeneroglu: Die stärkste Belastungsprobe, die haben wir schon seit Jahren, und die Türkei geduldet sich. Wenn hier PKK-Ersatzorganisationen im Land wüten dürfen, wie es unmöglich ist, dann stellt sich die Frage, warum Deutschland meint, erst mit der Inhaftierung eines Journalisten diese historische Belastungsprobe zu haben. Wir haben diese schon längst!

Heckmann: Die PKK steht hier in Deutschland auf der Liste der Terrororganisationen.

Yeneroglu: Ja, das interessiert aber in der Vollstreckung niemanden. Die PKK agitiert wie es beliebt und niemand greift ein. Das können Sie überall in Deutschland auf den Straßen erleben. Überall gibt es Propagandazelte. Aber ich möchte jetzt das Thema nicht ändern. In Bezug auf Deniz Yücel: Es hat ein Gericht in der Türkei, ein unabhängiges Gericht, so wie es auch täglich in Deutschland jedes andere Gericht tut, entschieden, und dies ist in erster Linie zu respektieren.

Türkische Gerichte “mindestens so unabhängig wie deutsche”

Heckmann: Ist das so unabhängig, dieses Gericht? Sind die Gerichte in der Türkei so unabhängig? Viele haben Zweifel daran.

Yeneroglu: Mindestens so unabhängig wie die Gerichte in Deutschland, ja. Wenn wir überhaupt den Besuch von Staatsführern davon abhängig machen wollen, wie viele Staatsbürger des jeweiligen Landes im Gefängnis inhaftiert sind, dann dürften wahrscheinlich überhaupt keine deutschen Staatsbürger in die Türkei einreisen, denn es ist bestimmt so, dass viel mehr türkische Staatsbürger in Deutschland inhaftiert sind als Deutsche in der Türkei.

Heckmann: Deniz Yücel hat sich aber selbst gestellt und da sagen einige, da hätte man doch durchaus auf die Untersuchungshaft verzichten können. Und Sie selbst haben sogar auch Zweifel angemeldet, ob das die richtige Entscheidung gewesen ist.

Yeneroglu: Aber trotzdem können Sie doch nicht von Parametern ausgehen, von denen das Gericht nicht ausgehen kann. Das Gericht entscheidet auf Grundlage der Gesetzgebung, die da ist, und da gibt es nicht das Parameter, ob mit der Entscheidung des Gerichtes deutsch-türkische Beziehungen belastet werden könnten oder nicht.
Fall Yücel: “Propagandabegriff zu weit ausgelegt”

Heckmann: Das heißt, ein Journalist, der berichtet, der mit einem PKK-Vertreter ein Interview führt und das veröffentlicht, oder einen Witz wiedergibt in seiner Berichterstattung, der muss damit rechnen und nicht nur damit rechnen, sondern der landet im Gefängnis?

Yeneroglu: Das ist eine inhaltliche Frage. Letztendlich habe ich das inhaltlich selbst auch kritisiert. Ich gehe davon aus, habe ich gesagt, dass nach den mir vorliegenden Berichten offenbar es so gewesen ist, dass der Propagandabegriff zu weit ausgelegt worden ist, dass darüber hinaus auch formaler Art zum Beispiel Pressedelikte maximal in vier Monaten verjähren und in dem gegenständlichen Fall offenbar das Gericht von Grundlagen ausgegangen ist, die mir so nicht bekannt sind. Und ich gehe davon aus, dass demnächst ein Außervollzugsetzungsantrag der Anwälte kommen wird und dann das Gericht beziehungsweise die höhere Instanz noch mal darüber entscheiden wird. Aber unabhängig von dem Ganzen, so wie in Deutschland die Gerichte unabhängig, fern ab von politischen Einflussmöglichkeiten entscheiden, ist das auch in der Türkei genau der Fall, und dazu gibt es nicht den geringsten Respekt inzwischen in Deutschland.

Heckmann: Wir haben darüber gesprochen. Wir haben Ihnen auch die Sendezeit hier im Deutschlandfunk eingeräumt, um Ihre Position hier zu hören, und das ist auch wichtig.
Mustafa Yeneroglu war das, der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.

Yeneroglu: Danke auch. Tschüss.

Dieses Interview auf Deutschlandfunk lesen

„Verharmlosung einer blutrünstigen Organisation“ [Interview – Die Rheinpfalz]

Die deutsch-türkischen Beziehungen bleiben angespannt, wie der jüngste Besuch der Bundeskanzlerin in der Türkeiverdeutlichte. Über die unterschiedlichen Sichtweisen in Berlin und Ankara, gerade was die Folgen des Putschversuchs vom 15.Juli angeht, sprach Ilja Tüchter mit Mustafa Yeneroglu. Der in Köln aufgewachsene Politiker der türkischen Regierungspartei AKP ist seit 2015 Abgeordneter im Parlament von Ankara. Er besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft.

Quelle: DIE RHEINPFALZ, Tageszeitung aus Ludwigshafen/Rhein

Weiterlesen…

Yeneroğlu: “Ein bisschen mehr Anerkennung wäre angebracht”

Das Verhältnis zwischen der Türkei und der EU ist frostig. Auch AKP-Politiker Mustafa Yeneroglu beklagt “antitürkische Stimmungsmache”. Europa bleibe zwar wichtigster Partner – müsse aber auch seine Pflichten erfüllen.

SPIEGEL ONLINE: Herr Yeneroglu, das Europaparlament in Straßburg hat sich für den vorläufigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ausgesprochen. Welche Konsequenzen zieht die türkische Regierung aus dieser Entscheidung?

Mustafa Yeneroglu: Für uns kam diese Resolution nicht überraschend. Sie ist das Ergebnis einer beispiellosen antitürkischen Stimmungsmache insbesondere in den europäischen Medien. Das Europaparlament betreibt Symbolpolitik. Ich gehe davon aus, dass sich Rat und Kommission der EU davon nicht beeindrucken lassen.

Zum weiterlesen: http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-ankara-haelt-am-ziel-des-eu-beitritts-fest-a-1123486.html

PKK desteği Almanya’nın iç istihbarat raporlarında

TBMM İnsan Haklarını İnceleme Komisyonu Başkanı ve AK Parti İstanbul Milletvekili Mustafa Yeneroğlu, Anadolu Ajansı muhabirine yaptığı açıklamada, Türkiye’nin, PKK’yı terör örgütü olarak kabul eden ancak PKK’nın eylemlerine izin veren ülkelerin tutumundan rahatsızlık duyduğunu belirtti.

Özellikle Almanya, Belçika, Hollanda, Fransa, Avusturya gibi ülkelerde PKK’nın çok rahat hareket edebildiğini, istedikleri şekilde propaganda yapabildiklerini anlatan Yeneroğlu, sözlerini şöyle sürdürdü:

“PKK, Almanya ve Avrupa ülkelerinde, kağıt üzerinde terör örgütleri listesinde yer alıyor ama işin gerçeği böyle değil. Almanya’nın iç istihbarat raporları elimizde, bu raporlarda, PKK terör örgütünün Almanya’da istediği gibi terör eylemleri için militan topladığı, Türkiye’ye ve Kuzey Irak’a bunları getirdiği, istediği gibi haraç, bağış topladığı açık bir şekilde yazıyor. PKK terör örgütü yayımladığı günlük gazete aracılığıyla propaganda faaliyetlerini sürdürüyor. Almanya samimiyse, kendi istihbarat raporlarını okusun, PKK’nın yasaklı bir terör örgütü olmadığını, fiili olarak çok rahat hareket edebildiğini hatta neredeyse, kamu yararına çalışma statüsüne sahip dernek konumunda faaliyetlerini sürdürebildiğini görecektir. Türkiye’de her gün insanlar katledilirken, terör örgütü ülkemizde kanlı eylemlerini sürdürürken, aynı terör örgütünün mensupları Almanya’da kutsanamaz.”

Röportajın devamını okumak için tıklayınız: ‘PKK desteği Almanya’nın iç istihbarat raporlarında’

Türkei und Terrorismus”Vorwurf der Unterstützung darf nicht bleiben”

Die Türkei unterstütze keine islamistischen Terroristen, sagte der AKP-Politiker Mustafa Yeneroglu im DLF. Die Bundesregierung solle sich bei der Beurteilung der Türkei besser auf die Einschätzung des Auswärtigen Amtes verlassen und die Beziehungen zu Ankara nicht weiter belasten.

Mustafa Yeneroglu im Gespräch mit Tobias Armbrüster

Die Türkei habe nie mit der Terrormiliz IS zusammengearbeitet, sondern bekämpfe diese seit Jahren, während andere nur darüber redeten, betonte Yeneroglu. Ankara erwarte Rückendeckung im Kampf gegen den Terrorismus. Zugleich räumte der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament ein, es habe Kontakte zu Organisationen in Syrien gegeben, die sich später dem IS angeschlossen hätten. Doch damals seien sie noch keine Terroristen gewesen. Das sei ein großer Unterschied.

Er widersprach auch dem Vorwurf, die Hamas zu unterstützen. Anders als behauptet, pflege man keine Kontakte zum terroristischen Arm der Hamas, sondern lediglich zur legitimen Vertretung der Palästinenser. Diese unterstütze man bei Infrastrukturprojekten, wie es Deutschland und die EU auch täten.

“Die Türkei führte breitgefächerten Dialog mit allen Kräften”

Die Türkei habe ganz bewusst einen breitgefächerten Dialog mit allen Kräften geführt, um die Region zu befrieden. Die Kontakte nach Syrien, Ägypten oder in den Gazastreifen stünden aus Sicht Ankaras nicht im Widerspruch zu den Beziehungen zu Israel, sagte Yeneroglu im Deutschlandfunk.

Es dränge sich der Verdacht auf, die Bundesregierung habe zumindest in Kauf genommen, dass die als vertraulich eingestufte Antwort der Regierung an die Öffentlichkeit komme. Er vermute daher “eine gezielte Aktion von den Protagonisten dieser Anfrage”. Schließlich sei die Antwort der Bundesregierung als vertraulich eingestuft worden.


Das Interview in voller Länge:

Tobias Armbrüster: Es kracht mal wieder in den deutsch-türkischen Beziehungen. Nachdem in dieser Woche bekannt wurde, dass die Bundesregierung die Türkei für eine, so wörtlich, “Aktionsplattform für Islamisten” hält. Aus dem Bundesinnenministerium heißt es, das sei ein, so wörtlich, “Büroversagen”, dass diese Einschätzung nach außen gedrungen ist. Die Regierung in Ankara ist dagegen empört, spricht von einem weiteren Versuch, die Türkei zu zermürben. Wie groß ist der Schaden also wirklich? Am Telefon ist jetzt Mustafa Yeneroglu, AKP-Abgeordneter und in Ankara Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament. Schönen guten Morgen nach Ankara!

Mustafa Yeneroglu: Hallo, guten Morgen!

Armbrüster: Herr Yeneroglu, die AKP unterstützt Islamisten. Kann diese Nachricht noch irgendwen überraschen?

Yeneroglu: Es ist vor allem interessant, wie die Wahrnehmungen von Entwicklungen sich verschieben, wenn sich das Paradigma ändert, mit dem man auf die Türkei schaut. Sie brauchen nur auf die letzten Wochen zu schauen. Und wenn wir uns mit den Tatsachen befassen, dann ist es so, dass noch bis vor Kurzem die multidimensionalen Beziehungen der Türkei zu den maßgeblichen Akteuren im Mittleren und Nahen Osten zu den hochgelobten Vorzügen der Türkei gehörten. Die Türkei hat nämlich mit einem breit gefächerten Dialog mit allen legitimen Kräften in besonderer Weise für die Demokratisierung und Befriedung der Region sich eingesetzt, und dabei hat sie sich für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen, neben der EU und auch übrigens mit viel Geld aus Deutschland, genauso engagiert wie für die Opfer des blutigen Militärputsches in Ägypten, ohne darin einen Widerspruch für die Normalisierung der Beziehungen zu Israel zu sehen, wie man jetzt in den letzten Tagen auch erkennt. Und was Syrien anbetrifft, handelt die Türkei und hat Millionen von Menschen aufgenommen, während andere eher nach Wegen gesucht haben, um die Opfer fernzuhalten.

“Die Türkei hat den IS über die Jahre hinweg am schärfsten bekämpft”

Armbrüster: Und dafür war es dann auch nötig, mit dem IS zusammenzuarbeiten?

Yeneroglu: Stimmt gar nicht. Es gibt diesen Vorwurf gar nicht, dass die Türkei mit dem IS in irgendeiner Weise zusammengearbeitet hat. Im Gegenteil, die Türkei hat den IS über die Jahre hinweg am schärfsten bekämpft. Andere haben nur gesprochen.

Armbrüster: Das heißt, es hat da nie eine Zusammenarbeit gegeben zwischen der türkischen Regierung und dem IS? Keine stille Duldung, keine Hilfe für diese Islamisten?

Yeneroglu: Selbstverständlich nicht. Diese Nachrichten, die wir jetzt erleben, haben doch vielmehr mit dem Meinungsbildungsprozess, mit der Macht des Meinungsbildungsprozesses und den Mechanismen der Fokussierung zu tun. Die Darstellungen haben auch nicht den geringsten Bezug zur Aktualität. Sie könnten mit besseren Argumenten auch umgekehrt behaupten, dass die Bundesrepublik terroristischen Organisation wie die PKK, die YPG und der KPT eine Plattform für ihre Aktivitäten bietet. Und ich glaube, dass gegenwärtig die Beteiligten, insbesondere in der Bundesregierung, gut daran täten, sich bei ihren Bewertungen auf das Auswärtige Amt zu stützen und die ohnehin schon angespannten Beziehungen nicht weiter zu belasten, schon gar nicht, wenn PKK-Sympathisanten im Deutschen Bundestag Schützenhilfe leisten. Ganz zu schweigen davon, wie angeblich vertrauliche Dokumente überhaupt in Umlauf kommen.

Armbrüster: Die PKK gilt allerdings in Deutschland als terroristische Vereinigung, die Hamas ebenfalls. Dennoch unterstützt die AKP die Hamas.

Yeneroglu: Die AKP hat die Hamas insoweit – nicht die Hamas, sondern die legitime Vertretung der Palästinenser, die gewählte Vertretung der Palästinenser, so wie Deutschland auch, so wie die EU auch, insoweit unterstützt, dass den notleidenden Menschen im Gazastreifen eine Infrastruktur finanziert wurde, die immer wieder seitens Israel leider zerstört worden ist, und wir damit immer wieder eine Katastrophe vorgefunden haben, die letztendlich nur dafür gesorgt hat, dass wir eben mehr Flüchtlinge gehabt haben, mehr Krisen gehabt haben und natürlich leider auch mehr Terrorismus gehabt haben.

Armbrüster: Das heißt, Herr Yeneroglu, die Hamas ist keine Organisation, die Terror im Nahen Osten fördert?

Yeneroglu: Es gibt Teile der Hamas, die auch terroristische Aktivitäten an den Tag gelegt haben, und die sind von der Türkei sicherlich in keiner Weise unterstützt worden.

Armbrüster: Aber wie können Sie das denn genauso trennen?

Yeneroglu: Die Frage können Sie auch genauso gut umkehren: Wie können Sie zwischen den terroristischen Aktivitäten der PKK trennen und der tagtäglichen Erscheinung vor dem Bundestag und in allen großen Städten, wo die PKK mit ihren Ersatzorganisationen Propaganda für ihren Terror in der Türkei betreibt.

Armbrüster: Herr Yeneroglu, das werde ich sehr gerne den Bundesinnenminister fragen, wenn ich ihn vor dem Mikrofon habe, das werde ich ihn ganz sicher fragen. Aber ich spreche mit Ihnen über die Hamas. Wie trennen Sie da zwischen dem Terrorteil der Hamas und dem sozusagen zivilen Teil, wenn es ihn denn gibt.

Yeneroglu: So, wie es die EU auch macht. Die EU unterstützt mit Hunderten von Millionen Geldern die Situation im Gazastreifen, damit nicht noch mehr Menschen von der Katastrophe so verblendet werden, dass sie auch verzweifelt sind und sich unter anderem möglicherweise auch terroristischen Aktivitäten beziehen, um weiter zivile Opfer auch auf israelischer Seite zu verwirklichen.

“Es obliegt jetzt der deutschen Seite, Schadensbegrenzung zu betreiben”

Armbrüster: Der Bundesinnenminister hat jetzt gesagt, er halte alles, was da passiert ist in den letzten Tagen mit diesem Papier für nicht allzu schlimm. Was da drin steht, das sei eine pointierte Darstellung der Wirklichkeit in der Türkei. Was sagen Sie zu dieser Einschätzung?

Yeneroglu: Es obliegt jetzt der deutschen Seite, doch noch deutlicher Schadensbegrenzung zu betreiben, indem zum Sachverhalt inhaltlich nochmals eindeutig Stellung bezogen wird. Denn der Vorwurf der Terrorismusunterstützung darf nicht so aufrechterhalten bleiben. Die Türkei kämpft an vielen Fronten gegen den internationalen Terror, und das Land erwartet von seinen Partnern zu Recht auch Unterstützung in diesem schwierigen Kampf und auch natürlich Rückendeckung. Stattdessen werden aber mit unnötigen Irritationen die Beziehungen immer wieder auf neue Proben gestellt. Was hier vor allem auch sehr wichtig ist, es ist wirklich sehr stark irritierend, dass die Bundesregierung diese Antwort ausgerechnet auf eine parlamentarische Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen formuliert hat. Es drängt sich hier nämlich der Verdacht auf, als habe man zumindest hingenommen, dass diese Infos an die Medien weitergegeben werden. Denn Frau Dagdelen setzt sich wie manche Bundestagsabgeordnete bekanntermaßen für die Interessen der verbotenen Terrororganisation PKK ein und ist ein erklärter Gegner jeglicher guter Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland.

Armbrüster: Frau Dagdelen ist eine – mit allem Respekt, Frau Dagdelen ist eine gewählte Abgeordnete im Deutschen Bundestag, und Anfragen von Parlamentariern, egal aus welcher Partei, werden von der Bundesregierung normalerweise beantwortet.

Yeneroglu: Ja, wir wissen aber beide, dass diese Informationen vertraulich gewesen sind. Und es sollte viele bedenklich stimmen, dass PKK-Aktivisten inzwischen mit PR in der Lage sind, die deutsche Außenpolitik vor sich her zu treiben. Wenn das okay ist, okay.

“Eine gezielte Aktion der Protagonisten dieser Anfrage”

Armbrüster: Das heißt, Sie vermuten dahinter eine gezielte Aktion der Bundesregierung?

Yeneroglu: Nein, keine gezielte Aktion der Bundesregierung, aber eine gezielte Aktion der Protagonisten dieser Anfrage.

Armbrüster: Herr Yeneroglu, ich möchte noch mal gern auf die Zusammenarbeit, die sozusagen betonte in diesem Papier, mit dem Islamischen Staat zu sprechen kommen. Da ist es ja so, dass, wenn wir hier in Deutschland, und ich verfolge das ja auch in vielen –

Yeneroglu: Das steht in dem Papier nicht.

Armbrüster: Einen Augenblick. Ich verfolge das in vielen anderen Medien der Welt auch. Wenn da Experten befragt werden zum IS und zur Türkei, dann hören und lesen wir immer wieder, dass das ganz klar ist, keine Frage, die Türkei hat in den vergangenen Jahren, vor allem in den Anfangsjahren des Islamischen Staats, die Islamisten dieser Terrormiliz aktiv und passiv unterstützt. Jetzt sagen Sie, so eine Zusammenarbeit hat es nie gegeben. Machen Sie sich da nicht unglaubwürdig?

Yeneroglu: Die Experten sagen auch nicht, dass die Türkei den IS unterstützt hätte. Die Experten sagen, dass die Türkei eine Koalition von Oppositionellen in Syrien unterstützt hätte, und in dieser Koalition damals auch Teile des IS gewesen sind beziehungsweise solche Organisationen, die sich später zum IS umgewandelt haben. Das ist ein großer Unterschied. Und zu dem Zeitpunkt, wo die Türkei die Oppositionellen gegen den brutalen Herrscher in Syrien unterstützt hat, ist sie gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft vorgegangen und hat gemeinsam mit den USA und mit den Europäern diese Koalition unterstützt.

Armbrüster: Das heißt, Berichte über IS-Kämpfer, die durch die Türkei nach Syrien reisen, die mit Wissen der Behörden diese Passage antreten, die sind falsch.

Yeneroglu: Die sind nicht falsch, die sind teilweise richtig, so wie es mindestens genauso richtig ist, dass diese IS-Kämpfer aus Deutschland, aus Frankreich und aus anderen Teilen Europas über die Türkei nach Syrien eingereist sind.

Armbrüster: Aber die Türkei hat damit nichts zu tun.

Yeneroglu: So viel wie Deutschland und so wenig wie Frankreich.

Armbrüster: Sagt hier bei uns im Deutschlandfunk Mustafa Yeneroglu, AKP-Abgeordneter und Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses in Ankara. Vielen Dank für das Gespräch heute Morgen!

Yeneroglu: Danke, tschüs!

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

Menschen haben „Geschichte geschrieben“

Islamische Zeitung sprach mit Mustafa Yeneroğlu, AK-Partei Abgeordneter und Vorsitzender des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses.

Am 15. Juli starteten Mitglieder des türkischen Militärs einen Putschversuch gegen die Regierung und Führung des Landes. Allerdings hatten sie im Gegensatz zu früheren Jahren die Bevölkerung, Teile des Militärs sowie die zivilen Sicherheitskräfte gegen sich. Bei dem – später gescheiterten – Putschversuch ging es alles andere als unblutig zu. 290 Menschen starben bei anschließenden Kämpfen und Protesten, 173 davon waren Zivilisten. Auch wenn sich die militärische Lage beruhigt hat, werden die Nachwirkungen die Lage in der Türkei wohl auch in absehbarer Zeit beeinflussen. Kritiker der regierenden AKP und des Präsidenten befürchten den Weg in eine „zivile Diktatur“. In der Zeit nach dem gescheiterten Staatsstreich kamen mehrheitlich Kritiker der Erdogan-Regierung zu Wort. Wir sprachen mit dem Politiker und Juristen Mustafa Yeneroglu über seine Sicht der Dinge. Yeneroglu kam als Kleinkind nach Deutschland, wo er studierte und sich in diversen Projekten der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs engagierte. Seit 2015 ist er AKP-Parlamentarier im türkischen Parlament und leitet dessen Menschenrechtsausschuss.

Islamische Zeitung: Sehr geehrter Herr Yeneroglu, die Ereignisse vom Freitag, den 15. Juli in der Türkei haben weltweit für Aufregung gesorgt. Über die Vorgänge und ihre Interpretation wird ebenso weltweit gestritten. Wie würden Sie diese unseren Lesern zusammenfassen?

Mustafa Yeneroglu: Um die aktuellen politischen Entwicklungen in der Türkei vernünftig einzuordnen, müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, welche außerordentlich große Gefahr für die Demokratie abgewendet wurde. 290 Menschen haben ihr Leben verloren und mehr als 1500 wurden verletzt. Die Putschisten haben neben der Zivilbevölkerung, die sich ihr beherzt entgegengestellt hat, allen voran die Organe der türkischen Demokratie angegriffen. Sonderkommandos hatten den Auftrag, den Staatspräsidenten zu exekutieren, Parlament und Sicherheitsbehörden wurden bombardiert. Teile der Armee haben zum Teil mit Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Panzern immer wieder das Feuer auf Zivilisten eröffnet. Dennoch sind weder die Bevölkerung noch ihre gewählten Repräsentanten einen Millimeter zurückgewichen. So konnte innerhalb weniger Stunden die öffentliche Ordnung wiederhergestellt werden und die Ermittlungsbehörden begannen, die Hintergründe dieses blutigen Umsturzversuches auszuleuchten. Derweil wacht die Zivilgesellschaft im Schulterschluss mit Politik und Sicherheitsbehörden über ihre Demokratie.

Islamische Zeitung: Gleichermaßen Uneinigkeit herrscht in der Benennung der Verantwortlichen. Wie stellt sich die Faktenlage aus Sicht der Regierung dar?

Mustafa Yeneroglu: Seit vergangenen Freitag arbeiten die Ermittlungsbehörden mit Hochdruck daran Putschisten, ihre Hintermänner und die Helfershelfer in Bürokratie, Sicherheitsbehörden, und Justiz dingfest zu machen. Beschlagnahmte Dokumente und Zeugenaussagen der Verdächtigen geben Aufschluss über das Ausmaß des Komplotts und die personellen Verwicklungen. Im Übrigen wurde schon vor Jahren jeder Art von kriminellen Parallelstrukturen im türkischen Staatsapparat der Kampf angesagt. Alle Bereiche des Staatswesens haben Ermittlungs- und Disziplinarverfahren gegen Bedienstete angestrengt, deren pflichtgemäße Loyalität nicht dem türkischen Staat, sondern außerstaatlichen Strukturen galt. Wie wir jetzt wissen, wollte man mit dem blutrünstigen und niederträchtigen Putsch dem Eingreifen des Staates zuvorkommen.

Zum Weiterlesen

Türkei bleibt Anker der Stabilität

Schweizer Tagesanzeiger sprach mit Mustafa Yeneroğlu, AK-Partei Abgeordneter und Vorsitzender des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses. Die Fragen stellte Simon Widmer.

In der Türkei wurden tausende Richter und Staatsanwälte abgesetzt oder inhaftiert. Zehntausende Lehrer und Rektoren wurden entlassen, Akademiker mit einem Ausreiseverbot belegt. Befindet sich die Türkei auf dem Weg zur Diktatur?

Zunächst einmal müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, welche ausserordentlich grosse Gefahr für die türkische Demokratie abgewendet wurde. 290 Menschen haben ihr Leben verloren und mehr als 1500 wurden verletzt. Die Putschisten haben neben der Zivilbevölkerung die Organe der türkischen Demokratie angegriffen. Sonderkommandos hatten den Auftrag, den Staatspräsidenten zu exekutieren, Parlament und Sicherheitsbehörden wurden bombardiert. Teile der Armee haben mit Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Panzern immer wieder das Feuer auf Zivilisten eröffnet. Dennoch sind weder die Bevölkerung noch ihre gewählten Repräsentanten einen Millimeter zurückgewichen. Nur so konnte innerhalb weniger Stunden die öffentliche Ordnung wiederhergestellt werden und konnten die Ermittlungsbehörden beginnen, die Hintergründe dieses blutigen Umsturzversuches auszuleuchten. Deshalb meine ich, dass die Frage sich vor diesem Hintergrund erübrigt.

Unmittelbar nach dem Putschversuch hat Präsident Erdogan Listen publiziert mit den zu entlassenden Beamten. Beweist das nicht, dass die Listen schon vor dem Putsch vorbereitet waren?

Seit vergangenem Freitag arbeiten die Ermittlungsbehörden mit Hochdruck daran, Putschisten, ihre Hintermänner und die Helfershelfer in Bürokratie, Sicherheitsbehörden und Justiz dingfest zu machen. Beschlagnahmte Dokumente und Zeugenaussagen der Verdächtigen geben Aufschluss über das Ausmass des Komplotts und die personellen Verwicklungen. Deshalb werden wahrscheinlich auch weitere Festnahmen erfolgen…

ZUM WEİTERLESEN

Mustafa Yeneroğlu: Anti-türkische Haltung in Europa, aufgrund Forderung der Türkei für Gleichberechtigung

Seitdem der Deutsche Bundestag anfang Juni die Armenien-Resolution als ‚Völkermord’ billigte, sind die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland weiterhin angespannt. Die Daily Sabah sprach mit Mustafa Yeneroğlu, dem Vorsitzenden des Menschenrechts-Untersuchungsausschusses des Parlaments, der in Deutschland für eine längere Zeit lebte und die deutsche Politik von Nahem verfolgt.

Der Zeitpunkt der Resolution und die Zukunft der deutsch-türkischen Beziehungen waren Teil des Gesprächs und Yeneroğlu erklärte, dass diese anti-türkische Haltung für die rechtsextremen und rassistischen Parteien in Europa äußert vorteilhaft sei. Yeneroğlu wies darauf hin, dass ernsthafte und berechtigte Bedenken für das Wohlergehen der türkischen Gemeinden in Deutschland bestehen, da die Resolution die soziale Ausgrenzung verschärfen und den Weg für Angriffe gegen die Türken ebnen könnte.

Er brachte zum Ausdruck, dass der Anstieg des Rechtsextremismus in Europa eine Bedrohung für die existierende liberale Gesellschaftsordnung in Europa sei. Der Hauptgrund der anti-türkischen Haltungen läge an den Forderungen der Türkei für gleichberechtigte Beziehungen zu Europa.

WEİTERLESEN (PDF)

ZUR-ONLINE AUSGABE