Mustafa Yeneroğlu ist 1975 in der türkischen Stadt Bayburt geboren und 1976 mit seiner Familie nach Deutschland emigriert. Er studierte Jura in der Universität Köln und anschließend in der Dokuz-Eylül-Universität in İzmir. Heute ist er Abgeordneter der regierenden AK-Partei und Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses des türkischen Parlaments. Ebenso ist Yeneroğlu Leiter der AK-Partei-Wahlkampagne im Ausland.

Yeneroğlu sprach exklusiv zur Daily Sabah und beantwortete die meistgestellten Fragen zum bevorstehenden Referendum in der Türkei:

Daily Sabah: Was ist der eigentliche Hauptgrund dieser Verfassungsreform, was möchten die AK-Partei und MHP damit erzielen?

Mustafa Yeneroğlu: Seit 50 Jahren wird in der Türkei über das Regierungssystem diskutiert. Ausschlaggebend war der Militärputsch am 27. Mai 1960, für viele eine Revanche der bürokratischen Oligarchie gegen die Regierung der Demokratischen Partei, die bei den ersten freien Wahlen am 14. Mai 1950 nach dem Übergang zum Mehrparteiensystem triumphiert hatte. Ebenso gewann sie die Wahlen 1954 sowie 1957 und wurde vor den Wahlen 1960 gestürzt. Diese bürokratische Oligarchie, die mit der oppositionellen CHP untrennbar verbandelt ist, hat ein System etabliert, dass ihren beherrschenden Einfluss im Land, losgelöst vom Volkswillen, dauerhaft sichern soll. Da sie dem Willen des türkischen Volkes als eigentlichem Souverän nicht traut, hat sie einen ausgeklügelten Bevormundungsmechanismus konstruiert und verfassungsrechtlich verankert. Ziel war und ist, dass Macht und Privilegien einer kleinen politisch-ideologischen Elite im Land dauerhaft gesichert werden. Dieser Kaste war nämlich klar, dass man nicht alle paar Jahre putschen kann, also musste man andere Mechanismen entwickeln. So hält sie sich seit über 50 Jahren an der Macht, flankiert von der hohen Militär- und Justizbürokratie. Demnach soll die gewählte Regierung die Tagesarbeit verrichten, ohne den Machtmechanismus infrage zu stellen oder gar, ob der Legitimation durch das Volk, auf die Idee kommen, diesen zu ändern. Dafür hielt sie immer herrschaftssichernde Maßnahmen vor, harte wie die Putsche 1960 oder 1980 oder vorgeblich weiche, wie die Memoranden von 1971, 1997, 2007, zudem das Verbotsverfahren gegen die AK-Partei 2008, sowie zuletzt der Putschversuch 2016. Eine Vielzahl weiterer illegitimer Feinjustierungen wie Abgeordnetentransfer, durchgedrückte Ministerpräsidenten entgegen der Mehrheitsverhältnisse im Parlament spare ich jetzt mal aus. So haben über die Jahrzehnte permanente Eingriffe gegen den Volkswillen das System strapaziert, permanent Krisen hervorgerufen und vor allem wirtschaftliche Prosperität verhindert. Immer wieder haben starke politische Persönlichkeiten, wie Turgut Özal oder Recep Tayyip Erdoğan, versucht, die systembedingten Konstruktionsfehler mithilfe der starken Verankerung im Volk zu überspielen, doch die Mechanismen sind nach wie vor nicht komplett abgebaut. Die AK-Partei hat zwar seit der Regierungsübernahme das Feld der Politik stark ausgeweitet, aber aufgrund der fehlenden Mehrheitsverhältnisse im Parlament es nicht geschafft, eine neue Verfassung, ohne Bevormundungsmechanismen, für die Türkei durchzusetzen. Jetzt bietet sich die einmalige Gelegenheit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und alle Macht dem Volk zu übergeben.

DS: Was hat denn konkret die Idee der Präsidialdemokratie damit zu tun?

M.Y.: Dieser Bevormundungsmechanismus funktionierte vor allem über den Präsidenten, das Militär und die Justiz. Die Verfassungsgeber 1971 hatten sowohl eine schwache Legislative, als auch eine schwache Exekutive vorgesehen. Die Legislative wurde in zwei Kammern geteilt, die Exekutive sollte einem „unpolitischen” Präsidenten unterworfen werden, quasi als Kontrollmechanismus. Deshalb kommt es auch nicht von ungefähr, dass bis zur Wahl von Turgut Özal 1989 nur ehemalige Generäle Präsidenten wurden. Wenn das Parlament nicht gespurt hat, hat man immer wieder nachgeholfen. Der Präsident hatte zwar weitreichende Befugnisse, war aber weder der Regierung, noch dem Parlament, noch der Justiz gegenüber rechenschaftspflichtig. Kenan Evren, Anführer des Putsches im Jahr 1980, hat das aber nicht ausgereicht. Er hat in der s.g. 82’er Verfassung die Befugnisse des politisch und strafrechtlich „unverantwortlichen” Präsidenten soweit ausgebaut, dass der betreffende Artikel 104 der Verfassung allein 25 Hauptsätze hat.

Vor allem an der aktuellen Kritik aus Europa wird deutlich, dass man losgelöst von der verfassungsrechtlichen Realität ausschließlich auf Grundlage der herrschenden Erdoğanphobie argumentiert und nicht das geringste Interesse an einer nüchternen Analyse hat. Ich kenne jedenfalls nicht einen einzigen Artikel in den Medien, der zunächst einmal bewertungsfrei darstellt, worum es überhaupt in der Sache geht. Ein bedeutender Verfassungsrechtler hat in den 80’er Jahren mal gesagt, dass man in einem System, wo der Staatspräsident so viele Befugnisse hat, nicht von einer parlamentarischen Demokratie sprechen kann. Deshalb ist die derzeitige exzessive Polemik auch völlig fehl am Platze und ignoriert die verfassungsgeschichtliche Entwicklung sowie vor allem die jüngere politische Geschichte der Türkei.

Allzu schnell haben wir scheinbar vergessen, dass der besagte Bevormundungsmechanismus die Wahl von Abdullah Gül zum Präsidenten aufgrund des Kopftuchs seiner Frau mit entsprechender Unterstützung der CHP durch Massendemonstrationen, sowie des Militärs und der Justizbürokratie über eine Entscheidung des Verfassungsgericht, mitsamt Druck auf Parlamentarier verhindern wollte. Die AK-Partei hat in einem Referendum das Volk befragt und knapp 70% der Wähler haben sich für eine Direktwahl des Präsidenten ausgesprochen. Damit hatten wir eine Situation, dass ein Präsident zwar mit über 50% direkt vom Volk gewählt wird und weitreichende exekutive Befugnisse hat, aber rechenschaftspflichtig ist, weder der Justiz noch dem Parlament gegenüber. In diesem Sinne haben es sich AK-Partei und MHP mit der geplanten Verfassungsänderung gemeinsam zum Ziel gesetzt, dem bestehenden Kompetenz-Wirrwarr und der Bevormundung des Volkswillens durch nicht legitimierte Machteliten ein für allemal ein Ende zu setzen.

DS: In deutschen Medien wird die Reform als ‚Erdoğans Weg zur alleinigen Macht’, dargestellt. Wieso fühlen sich die deutschen Medien davon bedroht? Was für eine Angst herrscht Ihrer Meinung nach in Deutschland?

M.Y.: Es ist interessant zu beobachten, dass dem türkischen Regierungssystem und seiner Weiterentwicklung insbesondere in Deutschland so viel Aufmerksamkeit zuteilwird. Dieses öffentliche Interesse geht leider einher mit einem beispiellosen Kampagnenjournalismus, der sich der tatsächlichen Faktenlage und den Entwicklungen in der Türkei komplett verschließt. Auch im Falle der geplanten Verfassungsänderung bestimmen nicht die tatsächlich vom Parlament verabschiedeten und jetzt dem Wahlvolk zur Abstimmung vorgelegten Reformen den Diskurs. Tatsächlich erleben wir eine Debatte, die schon geradezu hysterische und irrationale Züge annimmt. Die meisten haben eine unverrückbare Meinung ohne auch nur den Regelungstext gelesen zu haben. Dies trifft unter anderem auch auf die vielen Politiker zu, die sich täglich zu Wort melden. Die eigentliche Motivation des Gesetzgebers, ein dauerhaft stabiles, demokratisch legitimiertes Regierungssystem zu etablieren, wird nicht mal im Ansatz diskutiert. Es werden Horrorszenarien zur Zukunft der türkischen Demokratie beschworen, wohlwissend, dass das türkische Volk als das Souverän über selbige entscheiden wird. Dabei geht es nicht um das Schicksal einer Person und die Erhaltung seiner Macht, sondern um das Wohl unseres Volkes insgesamt und darum, unser Land auf die Herausforderungen einer globalisierten Welt vorzubereiten. Und die Vorschläge sind nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern entspringen einer historischen Entwicklung. So können die Vorschläge sachlich auch nur im Vergleich mit der gegenwärtigen Lage erörtert werden und nicht nach irgendwelchen Idealsätzen.

Wenn wir uns also fernab der tagesaktuellen Polemik und der derzeitig herrschenden Kultur des Schlagabtausches den Tatsachen widmen, werden auch die interessierten Kreise in Deutschland erkennen, dass trotz der durch den blutigen Putschversuch und die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus verursachten Defizite im politischen Alltag, die türkische Demokratie mit der Änderung ihrer Verfassung festen Willen zeigt, sich von ihren vorhandenen Fesseln zu befreien und sich auf ihre ambitionierten Ziele für den hundertsten Geburtstag der Republik konzentriert.

DS: Glauben Sie, dass es eine wirklich unabhängige bzw. sachliche Berichterstattung in Deutschland/in den deutschen Medien gibt?

M.Y.: Starke und unabhängige Medien zeichnen das Wesen der Demokratie, auch in Deutschland, aus. Als Ausdruck eines tief verwurzelten Respektes spricht man nicht umsonst von der vierten Gewalt im Staat. Diese hohe Wertschätzung darf die Medien und ihre Verantwortlichen selbstverständlich nicht unantastbar machen, zumal sie eben auch nicht unfehlbar sind. Tatsächlich gibt es aktuell eine starke Diskrepanz zwischen der medialen Berichterstattung aus der Türkei und den realen Gegebenheiten vor Ort. Und dabei könnte man angesichts der starken Präsenz und personellen Ausstattung deutscher Redaktionen in der Türkei doch durchaus eine objektivere und ausgewogenere Berichterstattung erwarten. Scheinbar gelingt es uns als Regierungspartei derzeit nicht, mit unseren Inhalten zu den Medien in Deutschland durchzudringen. Leider ist dies auch ein Resultat jahrzehntelanger Mängel. Es ist diesbezüglich deshalb meine feste Überzeugung, dass wir den Austausch in der Türkei intensivieren müssen und umgekehrt die türkischen Medien in der Pflicht stehen, Präsenz und Strukturen in Deutschland auszubauen bzw. zu schaffen, um auf das gängige Meinungsbild proaktiv einzuwirken.

DS: Wie wird die Türkei durch diese Reform profitieren, was wird sich zugunsten der Türkei ändern?

M.Y.: Die zur Abstimmung stehende Verfassungsreform wird allen voran die Gewalten in der Türkei, insbesondere Regierung und Parlament strikt voneinander trennen. Während die Regierung sich, ohne Koalitionszwang, konzentriert der Regierungsarbeit widmet, obliegt dem Parlament die Gesetzgebung. Hierarchien werden gestrafft, Bürokratie abgebaut und Kompetenzen gebündelt. Bürokratische Reibungsverluste und politische Unwägbarkeiten des bisherigen Systems werden Geschichte. Mit den Reformen stellt unsere Demokratie die Weichen, um im globalen Wettbewerb Frieden, Wachstum und Wohlstand für seine Bürger zu gewährleisten. Ziel ist, dass jegliche Herrschaft demokratisch getragen und politische Stabilität systemimmanent wird.

DS: Immer wieder wird behauptet, dass durch die Reform, Präsident Erdoğan bis ans Ende seines Lebens das Land regieren möchte. Was würden Sie dazu sagen wollen?

M.Y.: Aufgrund der Berichterstattung wüssten wohl die wenigsten, dass Erdoğan nicht zur Wahl steht. Nichtdestotrotz gehört es zum fundamentalen Selbstverständnis unseres Staatspräsidenten, sich dem Volkswillen ohne Wenn und Aber zu beugen. Die Bürger unseres Landes werden in freien und geheimen Wahlen entscheiden, mit welchem System die Türkei in die Zukunft voranschreiten wird. Und es wird wieder die Entscheidung des Volkes im November 2019 sein, welcher Präsident dann als Oberhaupt der gebündelten Exekutive es in die Zukunft führt. Interessanterweise scheint die politische Opposition jegliche Hoffnung aufgegeben zu haben, mit einem eigenen Kandidaten Wahlen zu gewinnen. Anders lässt sich nicht erklären, warum die gesamte Debatte derzeit auf Staatspräsident Erdoğan und sein persönliches Schicksal reduziert wird und vor allem solche Unwahrheiten verbreitet werden.

Man kann gar nicht auf all die Unwahrheiten antworten. Es heißt zum Beispiel, der Präsident könne ohne jede Kontrolle Minister berufen und entlassen: Zum einen nicht der aktuelle, sondern der nächste Präsident, der im November 2019 gewählt wird, erhält nach der Wahl die Möglichkeit, seine Regierungsmannschaft für eine erfolgreiche Legislatur nach eigenen Vorstellungen zu bilden. Alle Minister, die er beruft, sind dabei nicht ohne Kontrolle, sondern mit ihrem Handeln dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Darüber hinaus heißt es, er erhält noch ausgeprägter die Möglichkeit, über Dekrete alle Macht im Land auszuüben. Tatsächlich wird die Befugnis des Ministerrats, Dekrete für die Exekutive zu erlassen, auf den Präsidenten übertragen, eben weil die Exekutive im Amt des Präsidenten gebündelt wird. In Sachen Grund- und Freiheitsrechte dürfen keine Dekrete erlassen werden. Dekrete für Bereiche, die per Verfassung nur per Gesetz geregelt werden dürfen, sind nicht möglich. Im Übrigen obliegen alle Dekrete der Kontrolle des Parlaments und des Verfassungsgerichtes wohingegen im aktuellen Zustand der Präsident eben nicht dieser Kontrolle unterworfen ist.

Darüber hinaus heißt es, er kann nach Gutdünken den Ausnahmezustand verhängen. Die Erklärung des Ausnahmezustands ist am Tage seines Erlasses dem Parlament zur Abstimmung vorzulegen. Außerdem kann das Parlament den Ausnahmezustand verlängern oder verkürzen und sogar insgesamt aufheben. Im Übrigen müssen Präsidialdekrete, die im Ausnahmezustand erlassen werden, dem Parlament vorgelegt werden. Wie man in diesem Zusammenhang von Gutdünken spricht, ist unerklärlich.

Zudem würde die ohnehin geschwächte Justiz auch die letzten Reste ihrer Unabhängigkeit verlieren, so die Desinformationskampagne. Mit der vorgesehenen Verfassungsänderung erhält neben der Unabhängigkeit, auch die Unparteilichkeit der Justiz Verfassungsrang. Weiterhin wird der Richter- und Staatsanwälterat erstmals vom Parlament legitimiert, das die Mehrheit seiner Mitglieder wählt. Insofern geht es nicht um die Aufhebung der Unabhängigkeit, sondern um die Stärkung derselbigen und den Schutz vor Einflussnahme von nicht demokratisch legitimierten Gruppierungen und Organisationen. Es wird aber so getan, als ob der Präsident nach Gutdünken Richter einsetzen könnte und entsprechend des beabsichtigten Bildes natürlich auch unterdrückt, dass die Amtszeit der Verfassungsrichter bei zwölf Jahren liegt, also über der Amtszeit des gegenwärtigen Präsidenten. Im Übrigen wird so getan, als ob die Mehrheit der AK-Partei ausreichen würde, um die Mitglieder des Richter- und Staatsanwälterates zu wählen. Das ist mitnichten so. Im Parlament kann nur mit den Stimmen der Opposition die Mehrheit von zwei Drittel zur Wahl der Mehrheit dieses Gremiums erreicht werden.

DS: Die CHP betonte des Öfteren, dass sie gegen jegliche Art von Putschen sind. Nun möchte man die aktuelle Verfassung, die 1981 nach einem Militärputsch ratifiziert wurde umändern, jedoch stellt sich die Opposition dagegen? Was für eine Strategie/Politik führt die Hauptoppositionspartei?

M.Y.: Zunächst einmal gilt es festzuhalten, dass auch die CHP sich ausdrücklich gegen den blutigen Putschversuch vom 15. Juli 2016 gestellt hat und auch Teil des s.g. „Geistes von Yenikapı” war. Oppositionsführer Kılıçdaroğlu hat bei der größten Demonstration der türkischen Geschichte das Wort an die versammelten Millionen gerichtet und im Schulterschluss mit der Staatsführung und den Repräsentanten der Politik eindrucksvoll Partei für die Wahrung der türkischen Demokratie ergriffen. Diesen Konsens hat man aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen aufgekündigt und ist wieder in bekannte Verhaltensmuster verfallen, die den alten Geist einer drohenden ominösen „Regimeänderung” beschwört und Opposition als Selbstzweck begreift. Traurig ist, dass sie sich in ihrem Unterfangen nicht an den Fakten orientiert, sondern mit gezielten Fehlinformationen und Lügen arbeitet.

DS: Wieso sind die Terrororganisationen FETÖ und PKK, und die pro-PKK-Partei HDP gegen diese Reform?

M.Y.: Terrororganisationen beziehen ihr Selbstverständnis aus politischer Instabilität und Chaos. Dementsprechend verwundert es nicht, dass ausgerechnet diese blutrünstigen Mörder sich gegen eine dauerhafte Stabilisierung unserer Demokratie aussprechen. Deshalb sind wir auch fest davon überzeugt, dass ein krisenfestes und effektives Regierungssystem dem Terror in allen seinen Auswüchsen ein für alle Mal den Nährboden entziehen wird, damit unsere Mitbürger und auch Millionen von Gästen frei und sicher in unserem Land leben können.

DS: Sie waren vor zwei Wochen mit Herrn Ministerpräsidenten in Oberhausen. Was für Emotionen haben Sie von den türkischen Wählern in Deutschland zu spüren bekommen? Was denken die in Deutschland lebenden Türken über den 16. April? Herrscht Unruhe, oder ist das Volk fest davon überzeugt, dass die Reform umgesetzt wird?

M.Y.: Ministerpräsident Yıldırım war von der Veranstaltung und der Sympathie, die ihm von mehr als 12.000 Menschen entgegengebracht wurde, tief beeindruckt. Es ist eine herzliche Beziehung, die uns mit unseren Landsleuten die außerhalb der Türkei leben verbindet. Wir haben mit unserer Regierungspolitik und vielen politischen Entscheidungen zugunsten unserer Diaspora dafür Sorge getragen, dass sich Millionen von Menschen bereichernd in die Gesellschaften, in denen sie leben, einbringen können, ohne die Fundamente ihrer eigenen Identität wie Sprache, Kultur und Religion aufzugeben. Auch die Beteiligung am politischen Willensbildungsprozess war uns immer ein Herzensanliegen und es ist das Verdienst unserer Regierungen, dass fast drei Millionen Wähler, inzwischen schon zum dritten Mal in zwei Jahren, ihre Stimme dort abgeben können, wo sie dauerhaft leben. Entsprechend genießen wir eine hohe Wertschätzung bei unseren Bürgern und sind zuversichtlich, dass wir sie auch diesmal mehrheitlich von unseren Argumenten überzeugen werden können.

DS: Wie wichtig ist es für Sie und für die Regierung, dass die im Ausland lebenden türkischen Wähler abstimmen gehen? Was würden Sie ihnen mitteilen wollen?

M.Y.: Anders als bei den Parlamentswahlen beeinflussen die im Ausland abgegebenen Stimmen bei diesem Referendum zur Verfassungsänderung das Ergebnis unmittelbar. Eine hohe Wahlbeteiligung und ein hoher Stimmenanteil zugunsten der Verfassungsänderung könnten also insgesamt bedeutsam für das Gesamtergebnis sein. Diese Tatsache dürfte Motivation genug sein, vom Stimmrecht unbedingt Gebrauch zu machen und Verantwortung für die Zukunft der Türkei zu übernehmen.

Am 16. April wird das türkische Volk über eine Verfassungsreform abstimmen. An dem Referendum können sich auch im Ausland lebende wahlberechtigte Türken beteiligen, darunter rund 1,41 Millionen Türken in Deutschland. Diese werden bereits zwischen dem 27. März und dem 9. April in türkischen Konsulaten ihre Stimme abgeben können.

Die derzeitige türkische Verfassung wurde noch von der Militärregierung nach dem Putsch im Jahr 1980 ratifiziert.

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