„Der Beschwichtigungsversuch von Aydan Özoğuz kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass in manchen Gegenden Ostdeutschlands offenbar sogar Minister nicht geschützt werden können. Die Bundesregierung muss erklären, wie sie die Sicherheit von einfachen Bürgern mit und ohne deutschen Pass sicherzustellen gedenkt“, erklärt Mustafa Yeneroğlu (AK Partei), Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses der Großen Nationalversammlung der Türkei. Anlass sind Medienberichte, wonach eine geplante Reise der Staatsministerin in das thüringische Eichsfeld nach einer Lageeinschätzung im Bundeskanzleramt aus Sicherheitsgründen abgesagt wurde. Mustafa Yeneroğlu weiter:
„Das Wirrwarr um die Einladung von Staatsministerin Aydan Özoğuz in das thüringische Eichsfeld ist aus mehreren Gründen besorgniserregend. Bereits die Gleichgültigkeit, mit der die Öffentlichkeit auf die Absage reagiert hat, lässt tief blicken. Mitunter drängt sich die Frage auf, wie die Medienlandschaft reagiert hätte, wenn Aydan Özoğuz keinen türkisch-muslimischen Hintergrund gehabt hätte.
Angesichts der durchgesickerten Details ist offensichtlich, dass der nachträgliche Beschwichtigungs- und Relativierungsversuch von Frau Özoğuz nur dazu dienen soll, die Erklärung des Offenbarungseids der Bundesregierung vor Neonazis abzuwenden.
Dass Politik und Medien den Beschwichtigungsversuch dennoch unkritisch und offenbar allzu gerne als ‚wahr‘ hinnehmen und nicht hinterfragen, wirft kein gutes Licht auf den Umgang Deutschlands mit den Folgen von Rassismus. Die Absage aus Sicherheitsgründen ist eine Kapitulation des Staates vor gewaltbereiten Rechtsextremisten. Wünschenswert wäre ein Ruck quer durch die Republik gewesen anstelle kollektiven Schweigens.
Auf die ‚Reisewarnung‘ der Türkei vor Reisen nach Deutschland hat die deutsche Öffentlichkeit noch lauthals und mit scharfer Kritik, in Teilen sogar mit Hohn reagiert. Dieselbe Öffentlichkeit wäre jetzt gut beraten und deutlich glaubwürdiger, wenn sie mit ähnlicher Leidenschaft No-go-Areas vor allem in Ostdeutschland problematisiert.
Deutschland steht am 24. September vor einer historischen Wahl. Erstmals nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus steht eine rechtsextreme Partei kurz davor, drittstärkste Kraft im Bundestag zu werden. Die Situation ist bereits jetzt zutiefst beunruhigend für Minderheiten in Deutschland. Nahezu täglich werden irgendwo in der Bundesrepublik gewalttätige Übergriffe auf Muslime und ihre Einrichtungen verübt. Von einem Problembewusstsein sind weite Teile der Politik und Medien jedoch weit entfernt. Es stellt sich die Frage, wie es um die Zukunft Deutschlands aussieht, wenn demnächst auch noch verkappte Nationalsozialisten im Parlament sitzen und die Geschicke des Landes mitgestalten.
Die Bundesregierung ist aufgefordert zu erklären, wie sie die Sicherheit der Menschen mit und ohne deutschen Pass im gesamten Bundesgebiet auch in Zukunft sicherzustellen gedenkt, wenn Rechtsextremisten demnächst nicht auf selbst gebastelten Bühnen reden, sondern ‚im Namen des deutschen Volkes‘ vom Plenarsaal aus hetzen.“