Schweizer Tagesanzeiger sprach mit Mustafa Yeneroğlu, AK-Partei Abgeordneter und Vorsitzender des parlamentarischen Menschenrechtsausschusses. Die Fragen stellte Simon Widmer.

In der Türkei wurden tausende Richter und Staatsanwälte abgesetzt oder inhaftiert. Zehntausende Lehrer und Rektoren wurden entlassen, Akademiker mit einem Ausreiseverbot belegt. Befindet sich die Türkei auf dem Weg zur Diktatur?

Zunächst einmal müssen wir uns immer wieder in Erinnerung rufen, welche ausserordentlich grosse Gefahr für die türkische Demokratie abgewendet wurde. 290 Menschen haben ihr Leben verloren und mehr als 1500 wurden verletzt. Die Putschisten haben neben der Zivilbevölkerung die Organe der türkischen Demokratie angegriffen. Sonderkommandos hatten den Auftrag, den Staatspräsidenten zu exekutieren, Parlament und Sicherheitsbehörden wurden bombardiert. Teile der Armee haben mit Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Panzern immer wieder das Feuer auf Zivilisten eröffnet. Dennoch sind weder die Bevölkerung noch ihre gewählten Repräsentanten einen Millimeter zurückgewichen. Nur so konnte innerhalb weniger Stunden die öffentliche Ordnung wiederhergestellt werden und konnten die Ermittlungsbehörden beginnen, die Hintergründe dieses blutigen Umsturzversuches auszuleuchten. Deshalb meine ich, dass die Frage sich vor diesem Hintergrund erübrigt.

Unmittelbar nach dem Putschversuch hat Präsident Erdogan Listen publiziert mit den zu entlassenden Beamten. Beweist das nicht, dass die Listen schon vor dem Putsch vorbereitet waren?

Seit vergangenem Freitag arbeiten die Ermittlungsbehörden mit Hochdruck daran, Putschisten, ihre Hintermänner und die Helfershelfer in Bürokratie, Sicherheitsbehörden und Justiz dingfest zu machen. Beschlagnahmte Dokumente und Zeugenaussagen der Verdächtigen geben Aufschluss über das Ausmass des Komplotts und die personellen Verwicklungen. Deshalb werden wahrscheinlich auch weitere Festnahmen erfolgen…

ZUM WEİTERLESEN

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